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Shafiq war ja bereits in Peshawar, und ich sollte ihn um Elf an der Uni treffen. Dort würde er mich irgendeinem Pashtoo-Guru vorstellen. Almut brauchte Paschtu-Unterricht und dieser Typ an der Uni war dafür verantwortlich. Um halb Neun ging es los. Die ersten paar Kilometer fährt man auf der Landstraße, danach geht es dann auf die Autobahn.
Die Autobahn von Islamabad nach Peshawar ist, wie gesagt, nicht schlechter als eine deutsche Autobahn. Im Gegenteil. Die deutschen und pakistanischen Autobahnen haben einiges gemein. Beide werden z.B. vom deutschen Steuerzahler bezahlt. Nur herrscht hier bedeutend weniger Verkehr. Das ist auch der Grund, warum man Peshawar von Islamabad aus schneller erreicht, als etwa Stuttgart von München aus. Die Koordinaten der Universität hatte ich Dank Google Maps und Garmin im Gerät und mußte mich lediglich hinleiten lassen.
Garmin ist für solche Gebiete wirklich zu empfehlen. Es gibt OpenSource-Landkarten, die kann man sich herunterladen. Der einzige Nachteil ist, der, daß diese von normalen Nutzern erstellt werden, und nicht Garmin-Standard erreichen. Meist fährt man eine Strecke ab und gibt diese dann in der Datenbank ein. Andere Nutzer können die Strecke dann auf ihr Gerät herunterladen. Das Problem ist, daß die Navigation noch nicht optimal funktioniert. So leitet das Gerät einen von der Autobahn sinnlos herunter, macht eine Schleife und schickt einen zur selben Ausfahrt zurück, von der aus man die Autobahn verlassen hat. Scheinbar hat derjenige, der die Strecke in der Datenbank eingetragen hat, an dieser Ausfahrt die Autobahn verlassen und vergessen, es als Abfahrt zu markieren. Nun ist für das Gerät die Abfahrt die Autobahn. Das kann man allerdings mit wenigen Klicks reparieren. Man sollte sich eben nur nicht blind auf die Navigation verlassen, so wie man es etwa in Europa tun könnte.
Mit lediglich einer halben Stunde Verspätung traf ich an der Uni ein. Shafiq hatte eine ganze Stunde Verspätung. Sehr angenehm. Um 17:30 Uhr waren wir bereits wieder zurück in Islamabad. Ich machte mich sofort daran, die Fehler in der Datenbank zu verbessern. Auch trug ich die Straßen in der näheren Umgebung von G-6/3 ein.
Olaf kam aus Lahore zurück und brachte auch gleich zwei Kollegen mit. Das bedeutete, daß am Abend noch mehr Leute kommen würden, und ein kleiner "Empfang" angesagt war. Ich mochte diese Empänge sehr gerne. Da trifft man immer einige Leute, die man im freier Wildbahn alerhöchstens auf dem Amt unter entsprechenden Bedingungen antrifft, nämlich als Gegner, als Feinde. Hier nicht. Almut war Teil der Gesellschaft - obwohl sie eigentlich nie da war, weil sie sich um Arnie kümmern mußte - und ich war halt das Anhängsel. Aber es war immer sehr interessant, was hier gesprochen wurde. Im Moment ging es wieder um die Bundeswehr, und um irgendeinen Minister. Ich als alter Pickelhauben-Nostalgiker finde diesen Bunten Mädchenverein von Bundeswehr ja eher "zum Schießen". Kann man einfach nicht ersnt nehmen. Ich hatte natürlich den Vorteil, so reden zu können, wie mir das Maul gewachsen ist. Ich hatte keinen Arbeitgeber, auf den ich hätte Rücksicht nehmen müssen. "Aufpassen, was man sagt", das habe ich in der BRD gelassen. Wenn mich hier einer fragte, dann bekam er eine ehrliche Antwort, und wenn ich fragte, dann waren die Fragen auch ehrlich. Wenn es darum ging, daß man sich über das Verhalten der Politiker gegenüber den Soldaten beschwerte, dann konnte ich auch feststellen, daß niemand nach Afghanistan geprügelt würde, und daß er auch jederzeit wieder gehen könnte, wenn er möchte. Die meisten machen es doch nur wegen der Kohle - was gar nicht verwerflich ist. Aber die Bezeichnung "Söldner" ist doch wesentlich angebrachter. Ein "Soldat" wird in einen "Krieg" geschickt, und nicht gefragt, ob er denn da hinmöchte. Und ein Soldat, der bleibt dort, bis der Krieg aus ist, oder bis eben sein Leben aus ist. Beides ist bei der Bundeswehr nicht der Fall, daher finde ich die Bezeichnung "Soldat" eher ein wenig großkotzig. Ich nannte sie immer "Bundeswehrmitarbeiter". Etwas anderes sind sie nicht. Die machen einen "Job", wie ein Dachdecker oder ein Gleisbauer. Wenn von denen einer besoffen vom Dach fällt oder vom ICE erwischt wird, dann gibt es auch keine große Zeremonie - und die verdienen wesentlich schlechter, obwohl sie etwas Sinnvolles tun. Wie gesagt: Ich bin nur der Fahrer. Ich darf das. Und ich machte von diesem Recht auch Gebrauch. Wenn es jemand anders sieht, kann er es ja gerne sagen. Viel Widerspruch kam allerdings nicht. Wie denn auch? Es ist schließlich ein Fakt, daß keiner in diesen Krieg ziehen muß. Was hat er schon groß zu befürchten? Verliert er dann seinen Job? Wie schrecklich... Aber alles in allem ein sehr netter Abend. Ich ging diesmal nicht als Letzter ins Bett, denn morgen wollten wir ja den Karakorum-Highway in Angriff nehmen.