< August 2010 > | ||||||
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Der Grenzübergang nach Makedonien begann mit einem Schrecken. Wo ist mein Paß und wo sind meine verdammten Fahrzeugpapiere? Ich hatte die immer in der linken Hosenbeintasche. Almuts und Arnies Pässe waren da, mein Paß fehlte und die Fahrzeugpapiere auch. Scheiße! Hatte ich die in Belgrad flacken lassen? Ich durchsuchte das Auto. Zwischen Fahrersitz und Schweller lagen sie friedlich. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Es müssen Knöpfe an diese beschissene US-Marine-Hose. Klettverschlüsse sind ganz toll für Marines, die irgendwelche Tittenbilder darin verstauen, aber wenn man ernsthaft Dokumente darin verstauen will, braucht man Knöpfe, so wie bei den Bundeswehrhosen. Die sind einfach besser. Die haben Knöpfe, die sind aus Baumwolle, alles ist durchdacht. Darin sind die Deutschen wirklich gut. Deshalb fahren wir auch nicht mit einem Buick oder einem Chevvy durch die Gegend, sondern mit einem Mercedes. Generell ist das Material besser, das in Deutschland hergestellt wird. Die Amis haben ja auch nicht den Krieg gewonnen, weil ihre Panzer, Flugzeuge, Schiffe, Soldaten besser waren, sondern weil sie viel mehr davon hatten. Und viele Hunde sind bekanntlich des Hasen Tod. Amtlicher Beschluß: Alle an Bord befindlichen amerikanischen Ausrüstungsgegenstände werden ASAP germanisiert.
Die Einreise an sich verlief problemlos. Lediglich ein Polizist fragte, was ich dort auf dem Parkplatz gemacht hätte. "Ich habe meine Papiere gesucht", antwortete ich. Er winkte uns durch. Nach wenigen Minuten waren wir also in Makkedonien und ich stellte fest, daß das Land einfach zu klein war, um ernsthaft anzuhalten. Bevor ich mir überhaupt überlegen konnte, ob es sinnvoll war, hier irgendwo zu übernachten, sah man auf dem GPS schon die nächste graue Linie. Das war die Grenze zu Griechenland. Eu-Grenze. Und die Griechen hatten sich bisher mit den Österreichern immer um den zweiten Platz in Europa gestritten, wer die ätzendsten Bullen hat. Deshalb vergoß ich auch keine Krokodilstränen beim Anblick dieses brennenden Polizisten bei den Unruhen in Athen. Man könnte meinen, diese Trottel wurden alle in München ausgebildet. Keinen Funken Verstand. Immer diese sinnlosen Kontrollen. Entweder bei der Einreise aus Italien oder bei der Ausreise aus Griechenland. Diesmal war es anders. Ein fetter Stau, wir stellten uns an. Als ich jedoch näherkam, sah ich, daß die linke Spur frei war und fuhr da hin. Almut war mit dem Kleinen schon vorangestiefelt und ich hielt nur die drei Pässe hin. Der Grenzer hieß mich einfach weiterfahren. Er wollte nichts sehen. Keinen Paß, keinen Kofferraum, nichts. Um sieben waren wir in Griechenland.
Protest kam lediglich von ein paar Albanern, die sich darüber aufregten, daß ich mich vordrängelte. "Ruhe auf den billigen Plätzen." Daß die keiner im Land haben will ist irgendwie kein Wunder. "Ich muß warten, also sollst Du gefälligst auch warten". Diese Mentalität kenne ich nur von einem anderen Volk, das die Welt nicht braucht: Bayern. Genau die fette Sau überholte uns dann später auch, hupte und fuhr ziemlich knapp an der vorderen linken Ecke vorbei. Auch noch dumm. Da ich ihn aber im Spiegel kommen sah, legte ich das Auto schon in eine flache Linkskurve, wodurch er sein Schneidemanöver auf halbem Weg revidieren mußte, um uns nicht doch zu treffen und im Acker zu landen. Es gab für ihn überhaupt keine Notwendigkeit, so knapp vor uns auf die rechte Spur zu wechseln. Wir waren die einzigen Autos weit und breit. Ein Zusammenstoß hätte mir eine Delle eingebracht und ihm einen Totalschaden, weil der Kanacke mit seiner windigen leeren Plastikkarre ins Terrain abgeflogen wäre. Es hat ihn nur gestört, daß wir zwei Minuten schneller durch die Grenze waren. Ich kann ja auch nichts dafür, daß er minderwertig ist...
Wir fuhren weiter bis hinter Thessaloniki. Dann packte mich die Müdigkeit. Ungünstig, weil bereits hell, aber an einem schönen Rastplatz hielt ich an und legte mich in eine dieser für PickNick gedachten Hütten. Einmal kam Almut und weckte mich, weil da ein Eislaster war, der genau da vor Anker gehen wollte, wo der Benz stand. Ich stieg ins Auto, fuhr es brav zur Seite und legte mich anschließend wieder hin. Als nächstes wurde ich geweckt, weil die Dreckssonne mir genau ins Gesicht schien. Ich hängte also die Decke auf die Bank als Schattenspender, verlegte mich selbst und schlief weiter. Als nächstes wurde ich wach, weil ich Almut sagen hörte, daß "er schläft". Da waren zwei Leute da. Auch Augsburger. Die hatten Karten für Jugoslawien auf dem GPS, aber nicht für Griechenland und wollten wissen, wie sie fahren sollen. Ich erklärte es ihnen, dann fuhren sie weiter. "So ein blöder Scheiß. Ich kann hier nicht schlafen. Fahren wir weiter."
Ich kaufte noch eine Cola, dann fuhren wir in Richtung Grenze. "Wie machen wir das eigentlich jetzt dann? Deutsche Kennzeichen oder englische?" Es begann eine kurze Diskussion. Es war uns nicht bekannt, ob wir an der Grenze eine Versicherung kaufen konnten. Jedes Mal wenn wir in die Türkei fuhren hatten wir entweder Fahrzeugschein und Versicherungskarte, ob nun echt oder "echt", aber wir hatten sie. Nun fehlte bei den deutschen Kennzeichen der Schein und bei den englischen die Versicherung. Almut meinte, wir könnten doch mit den englischen einreisen und schauen, ob es eine Versicherung gibt. Da es aber meine Ehe ist, beschloß ich es so zu machen, wie ich meinte. Wir fuhren mit den deutschen Kennzeichen ein. Es war 14:54 Uhr. Schon wegen Gallipoli. Die Einreisestempel bekamen wir problemlos. Dann kam das Auto an die Reihe. Internationaler Fahrzeugschein, grüne Versicherungskarte und los geht’s. Der Typ fragte nach Fahrzeugpapieren. "Da. International", versuchte ich es. "Nein", sagte er. Er zeigte mir den Fahrzeugschein eines anderen und meinte: "Das hier." "Hab ich nicht. Hab ich in Deutschland. Das hier ist das gleiche, aber international." Er nahm ihn, ging und es kam sein Vorgesetzter. "No Türkye", sagte er. Ich ging zum Auto, holte den Brief, der von der vorigen Einreise noch da war, der für das Zollkennzeichen gemacht wurde, und der ein anderes Kennzeichen trug. Da war auch gerade zufällig ein Türke, der deusch konnte, und der dem Grenzer folgendes übersetzte: "Ich habe leider bei den Papieren danebengegriffen und den alten Fahrzeugschein genommen. Hab ich jetzt erst gemerkt, aber Fahrgestellnummer ist gleich." Die Antwort blieb: "No Türkye" Fuck. Fuck, fuck, fuck! Ich ging wieder zum Auto. Und wieder zur Grenze. Ich fragte, ob ich hier eine Versicherung kaufen könnte an der Grenze. Konnte man. Ich schilderte Almut die Lage: "Die lassen uns so nicht rein. Man kann aber eine Versicherung kaufen, also reisen wir mit den englischen ein." Sie sagte nur: "Ich möchte ja nicht besserwisserisch klingen, aber mir ist so, als hätte ich das auf dem Weg hierher angedacht." Jaja, ist ja Recht. Ich ging zurück zu einem älteren Grenzbeamten, bei dem ich vorhin beobachtet hatte, wie genau der Typ, der zu mir sagte "No Türkye", ihm die Hand geschüttelt hatte und dabei etwas – ich schätze ein oder mehrere Geldscheine – den Besitzer wechselten.
Er hatte keine Uniform an, saß aber dennoch hinter einem dieser Schalter. Ich ging mit den englischen Papieren zu ihm. Er stellte fest, daß das Kennzeichen am Auto und das an den Paieren mitnichten übereinstimmte. "Kein Problem. Schild in Kofferraum." Er kam mit zum Auto. Neben uns stand ein neuer Mercedes mit Münchener Kennzeichen, darinnen ein türkisches Ehepaar. Sie übersetzte. Daraufhin ging er zu dem No-Türkye-Typ und sie meinten dann ich solle bis zur Barriere zurückfahren, die Kennzeichen wechseln und wieder durch die Grenze fahren. Das Problem war, daß ich bereits eingereist war. Er ließ also den Typen antanzen, der das Gerät bediente, das bei der ersten Einfahrt die Kennzeichen scannte, denn nun stand A-AA 627 im Computer. Ich mußte also den Kofferraum ausräumen und die englischen Kennzeichen montieren. Irgendwie war das Kind nun auf meinem Arm gelandet und ich mußte aber die Tankabdeckung abschrauben. Ich versuchte, das Kind auf dem Gepäck abzulegen, aber das kullerte immer wieder runter. Auf den Kofferraum ging auch nicht, weil der ja offen sein mußte. Auf den Boden legen war auch blöd, weil der war heiß. Eine französischredende Türkin kam vorbei und fragte, ob sie es halte soll. Ich drückte es ihr in die Hand und bedankte mich, holte die Kennzeichen aus den tiefen des Kofferraums und montierte sie. Dann ersetzte der andere Typ das Kennzeichen A-AA 627 im Systen durch MYX 685X. Geschafft. Nun konnte die eigentliche Einreiseprozedur beginnen. Zum Schalter. Irgendwas wurde in den Computer eingegeben, dann mußte ich eine Versicherung kaufen. 35 € für 15 Tage. War das den Aufwand wirklich wert gewesen? Der ganze Terz, um 35 € zu sparen? Nicht wirklich.
Aber schon Einstein hat gesagt: "Es gibt zwei Dinge, die unendlich sind: das Universum und die Dummheit der Menschen. Und beim ersten bin ich mir nicht wirklich sicher." Wie recht er doch hatte. Zurück zum Schalter, dann zum nächsten Schalter, und schon war alles in Ordnung. Das hätten wir auch gleich haben können. Es war genau 16:52 Uhr, Kilometerstand genau 321.700. Wir fuhren weiter in Richtung Istanbul. Diese Strecke war mir bekannt und wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Sie ist gerade und ganz unspektakulär. Vielleicht gerade deshalb ist es mir hier, als wie es vor elf Jahren war, als ich sie zum ersten Mal befuhr. Die Türkei war erstaunlich detailliert auf der Karte im GPS. Almut hatte mir die Adresse von Seat gegeben und es lotste uns direkt hin. Wir kamen abends an, bestellten noch etwas zu Essen und ich ging, da ich seit mehreren Duzend Stunden wach war, bald ins Bett.