< September 2010 > | ||||||
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | ||
6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 |
13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 |
20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 |
27 | 28 | 29 | 30 |
"Guten Morgen", sagte ich an der Rezeption. "Guten Nachmittag", verbesserte mich die Rezeptionistin. "Gibt es trotzdem noch Frühstück?", grinste ich sie an. "Ja, klar, kein Problem. Da!", sagte sie. Ich nahm also am Tisch Platz und startete den Rechner. Nach einer Weile kam sie und fragte, ob ich nun doch kein Frühstück mehr möchte. "Doch, schon", sagte ich. Dann zeigte sie durch das Fenster nach draußen und ich sah einen bereits gedeckten Tisch. "Oh. Sorry. Bin so schon nicht der hellste, und das Bier gestern abend hat nicht viel zur Verbesserung dieses Zustandes beigetragen. Ich schlief den Rechner ein und zog nach draußen um. Frühstück war lecker.
Danach zog ich mich aufs Zimmer zurück und tippte vor mich hin, während neben mir Al-Jazeera lief. Ich konnte CNN nicht finden. Hochwasser in Pakistan, in Guatemala, Erdbeben in Neu Seeland, Hunger in Mali, und schließlich auch "Leben im Gaza-Streifen". Man könnte meinen, es bliebe Sadisten vorbehalten, Kinder in so eine Welt zu setzen. Genau darum ging es aber hier. Eine Familie hatte ein defektes Kind auf die Welt gebracht und das ist dann auf an den bürokratischen Hürden eingegangen. Schuld sind wie immer die Juden. Auf die Idee, daß sie ganz allein selbst daran schuld sind, kommen diese Einfaltspinsel gar nicht. Die sollen einfach aufhören, immer mehr Kinder in die Welt zu setzen, dann hat sich das Gaza-Problem in 100 Jahren von selbst erledigt. Das ist reines Triebverhalten - dem Kind tut man damit jedenfalls keinen Gefallen, ganz im Gegenteil - schon generell, egal wo auf der Welt, aber gerade in Gaza. Da will kein Mensch freiwillig leben, jeder ist froh, wenn er da raus kommt, aber diese Trottel zwingen kleine unschuldige Kinder dazu, dort zu sterben, indem sie sie gebären. Das habe ich schon versucht, Almut zu erklären, als noch Zeit dazu war, und das obwohl wir nicht in Gaza leben. Dieses ganze Geschwafel von Umweltschutz und Klimawandel ist reinste Völkerverblödung.
Dabei wird immer gern verschwiegen, daß die Hauptursache für die meisten Probleme der Welt daran liegt, daß einfach zuviele Menschen auf dem Planeten sind. Da man den nicht vergrößern kann, und man noch keine Siedlungen auf anderen Planeten bauen kann, liegt die einzige realistische Lösung darin, die Anzahl der Menschen reduzieren, und das klappt am besten, wenn man keine Kinder in die Welt setzt. "Das größte Glück ist es, nicht geboren zu werden", das hat Schopenhauer geschrieben, und das war ein gescheiter Mann und Misanthrop. Statt ihrem Kind dieses Glück widerfahren zu lassen, denken die Leute immer nur an sich. Ich denke ja auch nur an mich, aber das ist die höhere, ausgereiftere Form des Egoismus - der tut keinem Kind was zuleide. Und jetzt? Ist es jetzt besser? Jetzt ist ein Kind da, das die ganze Zeit brüllt, weil ihm was nicht gefällt, es kann die Cholera kriegen und sterben - und wenn nicht an der Cholera, dann stirbt es letztenendes doch an irgendwas. An Altersschwäche, zum Beispiel. Es wird zwar gerne verdrängt, doch das Leben eine Krankheit ist, die in 100% aller Fälle tödlich verläuft. Bis dahin darf das Kind täglich lernen, daß die Welt grausam ist. Oder es fällt runter und geht kaputt, oder kriegt Kinderlähmung oder was weiß ich. Das wird sich eines Tages schön bedanken. Und ich werde es dann nehmen und seiner Mutter hinrollen und zu ihr sagen: "Da. Das ist Dein Kind. Es lebt. Toll, oder?" "Hm, sieht aber nicht mehr glücklich aus." "Na, und?", werd ich dann sagen, "Aber es lebt! Und es ist Dein Kind! Viel Spaß damit!" Auf mich will immer keiner hören, bis dann die Kacke den Ventilator trifft.
Aber zurück nach Yerevan: Wir hatten gestern in einem Nachbarhaus einen guterhaltenen 230E gesehen, und haben beschlossen, dort zu klingeln, um nachzufragen, ob die vielleicht eine Werkstatt wissen, wo man das Gas auffüllen lassen könnte. Natürlich war das Hauptproblem die Sprachbarriere. Aber der Herbergsvater kam nach einer Weile und übersetzte ein bißchen und meinte dann, "Mohrgen, noin urr, siän urr..." Gegen vier Uhr nachmittags rief dann die Rezeption an und fragte, was denn mit meinem Auto nicht stimmte. Ich ging hinunter und beschrieb das Problem. Man wollte sehen, ob die Werkstatt heute arbeitet. "Wenn nicht, dann eben morgen, oder übermorgen", sagte ich. "Bleibt Ihr noch so lange im Land?", fragte die Rezeption. "Nun, eigentlich warten wir nur, bis die Iraner mit ihrem Ramadan-Fasching aufhören. Weißt ja, wie das ist. Wenn ich Hunger hab, dann will ich was fressen, und nicht mich verstecken müssen, um nicht den gläubigen Islams etwas vorzukauen. Die werden womöglich wütend und explodieren - vielleicht sogar wörtlich - weißt ja, wie seltsam die Leute da sind." Sie versuchte, den Schmarrn zu übersetzten, schaffte es aber nicht, weil die andere ihr die ganze Zeit dazischenlachte. Man verblieb so, daß man mich anrufen würde, sobald feststünde, ob die Werkstatt heute aufhatte oder nicht.
Ich ging abends in das Restaurant Kaukasus. Sehr schönes Ambiente, auch sehr schöne Preise. Es ist auch das erste Restaurant, das ich bisher sah. durch das ein Fluß fließt. Englisch kann natürlich keiner, aber dafür kann man ganz normal mit Kreditkarte bezahlen. Auch ist die Speisekarte sehr gut: Zwar wiegt sie schätzungsweise fünf Kilo, aber dafür sind alle Gerichte in drei Sprachen erklärt (Russisch, Armenisch und Englisch), und für die, die es dann immer noch nicht kapieren, ist zu jedem Gericht eine Abbildung drin. Kann man durchaus weiterempfehlen.