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Pakistan 2010
Donnerstag, der 30. September

Diesmal waren es nicht die Mücken, die mich aus dem Schlaf weckten, sondern die verdammten Vögel. Die veranstalteten einen Höllenlärm, aber es war nicht der Lärm, der störte, sondern die überall rings um uns einschlagenden Scheißbollen. Ich weckte Almut. "Scheiß Viecher! Weg hier, bevor sie uns zuscheißen." Die Schlafsäcke hatten wie durch ein Wunder nichts abbekommen. Noch nicht. Schnell weg. Als ich dabeiwar, die Unterlagen zusammenzurollen schlug es ein paarmal ein. "Dreck!" Wir versuchten, im Auto weiterzuschlafen, aber andererseits war es auch schon wieder hell. Ich fuhr das Auto aus dem Gefahrenbereich, legte ein paar Decken auf den Gepäckträger und versuchte weiterzuschlafen - mit mäßigem Erfolg. Kurz darauf war es nämlich die Sonne, die mich am Schlafen hinderte. Und wiederum kurz darauf waren auch Heike und Didi schon wach und wir machten Frühstück. Heute besonders hübsch, denn Didi hatte Geburtstag. Arnie zerschmiß auch gleich einen der vorhandenen vier Teller, denn Scherben bringen ja bekanntlich Glück. Zwischen Park und straße stand ein Container, aus dem ein kleiner Mann einen Laden gemacht hatte. Der kam zu uns und brachte uns Tee und Granatäpfel. Inzwischen hatten wir schon eine LKW-Ladung auf dem Beifahrersitz. Als wir mir Frühstück fertig waren, kam er wieder und wollte unser Geschirr spülen. Ich konnte ihn davon überzeugen, daß Abspülen das einzige war, was ich unfallfrei veranstalten konnte, und daß er mich deshalb lassen solle. Wenn ich eine andere Tätigkeit ausübte, können dabei Sachen kaputtgehen, und das wollen wir ja nicht. Eigentlich hatte mir Heike untersagt, in der Früh zu spülen. Nur am Abend durfte ich das, denn am Abend ist es egal, wieviele Stunden ich vor mich hinpritschle, aber in der Früh war das eher störend, wenn eigentlich alles fertig zur Abfahrt ist, aber der Besold noch anderthalb Stunden spülen muß. Aber heute hatte sie es wohl nicht gemerkt. Ich kam zurück mit dem Gespülten und Didi überprüfte gerade seinen Reifenluftdruck. Das tat er ab und zu und bei der Gelegenheit überprüfte er den des Blauen auch gleich. Der hatte sehr wenig Druck. Das war dieses komische Rad hinten rechts. Ab und zu ließ es die Luft raus. Manchmal während der Fahrt, manchmal im Stand, manchmal aber auch überhaupt nicht. Vielleicht hing das ja mit der Temperatur zusammen, vielleicht auch mit den Börsenkursen, ich konnte jedenfalls kein System dahinter erkennen.

Kurz vor Aufbruch zur Weiterfahrt.

Als auch das erledigt war, fuhren wir los in Richtung Kerman. Es waren noch gute dreihundert Kilometer - mindestens. Also mehr als die durchschnittliche Tagesleistung. Immerhin kamen wir zeitig los. Heute fuhr Heike. Wir fuhren hinunter ins Dorf zu einem Laden. Die Kühlbox mußte wiederaufgefüllt werden, und wir brauchten auch noch kalte Cola für die nächsten 100 km - aber da konnte ich ausschließlich für mich sprechen. Wir hielten an einem Laden, und gerade als ich hineinging, kam ein Typ auf dem mopped angefahren und fragte, wo ich her sei, und ob ich ein altes Magazin aus Deutschland hatte. Hatte ich natürlich nicht, woher denn? "Gar nichts?" Ich sah in meinem Gepäck nach, fand aber nur ein Prospekt, noch aus Belgrad, bei dem die Aneinanderreihung der Buchstaben für mich keinen Sinn ergab. "Nur das hier", sagte ich. Ob er das denn haben könnte. Ich sah noch nach, ob sich darin nicht irgendein Papier befand, das ich noch brauchte, dann gab ich ihm den Prospekt. Er freute sich und fuhr von dannen. Ich zuckte mit den Schultern und gin in den Laden. Deshalb waren wir ja eigentlich hierhergekommen. Didi war schon im Laden. "Komischer Vorgel", sagte ich zu ihm, "kam da grad daher, fragt mich ernsthaft nach einem Magazin nimmt's und fährt damit weg. Seltsam..." "Der wollte wahrscheinlich bloß irgendwelche Bilder von leichtbekleideten Weibern sehen", sagte Didi. Da hätte ich eigentlich auch von selbst draufkommen können. Und jetzt wo er es sagte, es stimmt. Wenn man hier in Zeitschriften überhaupt Frauen sieht, dann nur als Pinguin oder Fledermaus verkleidet. Für einen im Westen großgewordenen ist so manche Handlungsweise hierzulande nicht gleich nachvollziehbar, auch wenn man durch ein klein wenig Nachdenken sofort draufkommt. "Apropos Nachdenken - was wollte ich eigentlich hier im Laden? Ach ja:" Ich holte die große Cola und ein paar kleine und da die hier auch Eier verkauften, nahm ich vier und brachte sie zu Heike. Ausdrücklich als Ersatz für die von gestern. "Da. Jetzt müssen wir heute nicht wieder verhungern. Auch cool, oder?" Sie legte sie auf die Mittelablage des G. Obst und Gemüse hatten sie hier keines, aber das schien nur alle anderen zu stören. "Wir können ja stattdessen auch was Gescheites essen."

Nebenan war noch ein Laden mit Autoersatzteilen und ich schaute nach, ob die vielleicht Auspuffgummis hatten. Dazu baute ich einen der restlichen drei Gummis des Endtopfes aus als Muster. Sie hatten zwar Auspuffgummis, aber keine passenden. "So ein Scheiß! Schau, deswegen habe ich extra mehrere davon besorgt und in die Ersatzteilkiste getan", sagte ich zu Didi. "Und die ist aber... in der Garage?", sagte er. "Woher weißt Du das?" Da kam ein älterer Herr an und fragte, was wir suchten. Ich zeigte ihm den Auspuffgummi. Nachdem er sich mit einigen Einheimischen inklusive dem Ladenbesitzer Rücksprache gehalten hatte, fuhr ich mit ihm etwa einen Kilometer weiter und wir versuchten es da. Auch wieder erfolglos. Aber ich wollte ja eigentlich keinen Terz veranstalten und hatte eigentlich sowieso geplant, die Teile in Teheran zu holen, also ließ ich die Suche abbrechen und nahm ihn wieder mit zurück, dahin, wo wir ihn aufgegabelt hatten. Auf dem Weg dahin verengte sich die Fahrbahn. Offensichtlich waren da Bauarbeiten im Gange. Was das Schild sagte, konnte ich nicht wirklich sehen, da das Schild mit der beschrifteten Seite nach unten auf dem Asphalt lag. Offensichtlich war es umgekippt, doch der Steinhaufen, an dem es gelehnt hatte, der lag noch da und ich hatte nicht vor drüberzufahren, also zog ich nach links. Plötzlich hörte ich Didi irgendwas schreien und der G bremste abrupt ab. "Oh!", entfuhr es mir, als ich ihn auf dem Beifahrersitz sah. Ich hatte vergessen, daß Heike am Steuer saß. Wenn ich sage, daß Frauen einfach beschissen autofahren, dann ist das nur meine Meinung. Man kann aber sagen, was man will: Frauen fahren einfach sagen wir "anders". Ist ja nicht so, daß das das erste Manöver dieser Art war, sie wir im Konvoi unterwegs sind. Didi hätte wahrscheinlich die Fahrbahnverengung von der versetzten Lage des G relativ zu uns schon dadurch, daß er höher sitzt gesehen und ganz unterbewußt schon mal gesehen, welches Manöver als nächstes kommen würde. Und ganz unterbewußt muß ich damit wohl auch gerechnet haben. Hätte ich also daran gedacht, daß nicht er, sondern Heike am Steuer saß, wäre mein Manöver auch entsprechend anders ausgefallen, aber das hatte ich natürlich vergessen. War ja schon so lang her, daß ich das zur Kenntnis genommen hatte. Zusammenstöße mit diesem Monster soll man vermeiden, hab ich mir so ausgemalt. Mein lässig aus dem Fenster hängender Arm, jedenfalls, hätte kaum Chancen gehabt.

Wir fuhren aus der Stadt und der Verkehr nahm wieder ein wenig ab. Wir fuhren nach GPS und Beschilderung, immer in Richtung Kerman. Das Wetter war angenehm, denn es war bewölkt. Es sah zwar seltsam aus, daß die Sonne mal nicht scheinte, aber zum Fahren war das völlig in Ordnung. Einmal begann es sogar zu regnen. Es waren zwar nur ein paar Tropfen, aber für diese Gegend hier war das dennoch seltsam. Und es muß hier wohl auch kürzlich kräftig geregnet haben, denn es standen weite Landstriche unter Wasser.

Seltsamer Anblick in dieser Gegend.

Ich dachte, das geht erst im Nächsten Land los. Wie muß es dann dort erst aussehen? Angeblich ist dort eine Fläche der Größe von England überschwemmt. Und die türkischen Laster, die man hier überall sieht, lassen wohl ahnen, wie es dort sein muß - ganz abgesehen davon, daß das Gebiet dort auch viel dichter besiedelt ist. Immer wieder kamen wir in Nieselschauer. Auch sah die Landschaft teilweise aus, als hätte es kurz zuvor geschneit, aber dafür waren die Temperaturen viel zu hoch. Ich mutmaßte, daß es Salz sein muß. Eine Mittagspause wurde eingelegt in einem Kaff irgendwo im Nirgendwo. Wir suchten unter anderem auch nach einem Ersatzteller, fanden aber keinen. Wir passierten so eine Art Grenzposten. Hangar, hallten, Polizei, alles da, aber man winkte uns durch. Erstaunlich war in der Tat, daß wir Kerman erreichten, als es noch lange hell war. "Und? Wir sind hier und es ist noch ewig hell!", bemerkte ich. Doch statt Lob hieß es: "Bis zum Camping sind es noch 90 Kilometer". "Nun, so ewig vielleicht doch nicht..." Obst und Gemüse einkaufen und dann weiter, hieß der Plan. Ich sah einen Obstmarkt, der groß war wie ein Fußballstadion und zeigte drauf. Den konnte nicht mal ich übersehen, aber ich schaffte es - vor lauter Euphorie darüber, daß ich ihn selbständig und ganz ohne Hilfe erblickt hatte - daran vorbeizufahren. Über den als Ausfahrt gedachten Zubringer fuhren wir zurück. Ich blieb im Auto, Almut stieg aus. Ebenso beim G stieg Heike aus und Didi blieb am Wagen. Hier lungerten viele Leute herum, Männer in allen Altersklassen. Ich saß da und wartete auf die anderen mit ihrem dummen Kraut, und natürlich waren wir die Attraktion. Alle standen um das Auto herum. Einer fragte nach einer Münze, ich langte in die "Kollektzia" und gab ihm fünf Cent. Fehler! Denn nun wollten plötzlich alle eine Münze. Und sie blieben auch nicht vor dem Auto stehen, sondern schwuppdiwupp hatte ein Fettsack schon über mich hinweg in die Mittelkonsole gelangt und meinen Leatherman-Verschnitt gemopst. "Alter, tu das wieder her", sagte ich. Zwar konnte er kein Deutsch, aber er verstand genau, was ich meinte. Nach zweimaligem Weigern gab er ihn mir dann doch wieder zurück. Dann fragte er nach einer Kippe. Ich hielt ihm die Schachtel hin - Kippen kosten hier ja nichts - und wieder schwuppdiwupp, waren nur noch drei Kippen in der vor wenigen Minuten geöffneten Schachtel, weil jeder meinte, zugreifen zu müssen. Nun gab es auch keine Kippen mehr. Ein weiterer kam hinzu. Er wollte eine Münze.. Ein Ein-Cent-Stück wechselte den Besitzer. Ich gab es ihm. Nun wollte er noch eine für seinen Kumpel und beim Erklären ließ er sie fallen und sie rutschte unter den Sitz. "Jetzt ist sie weg, Alter. Pech!" Er versuchte, sie zu finden, aber ich drückte seinen Kopf wieder aus dem Fenster. Er wollte eine neue. "Nichts da, jetzt hau ab, Du Depp!" Wie lange kann es denn dauern, so ein beschissenes Gemüse zu kaufen? Es schmeckt ja doch nicht und ist nur gesund. Auch Didi war von einer Horde Idioten belagert, nur war er aus dem Auto ausgestiegen. Auf der Steuerbordseite fummelte einer am Tank herum. Diesel ist hier umsonst, das würden sie schon nicht haben wollen. Irgendwann kamen die beiden aus der Halle zurück, ich ließ Almut hinein und wir fuhren weiter. "Das war ja gerade seltsam", sagte Almut. Erst wollten sie ihnen nichts verkaufen, dann taten sie es doch widerwillig, aber wollten erst das Geld haben. Dann hatten sie irgendwie nicht zwei Kartoffeln, sondern gleich zwei Kilo, ähnlich lief es mit den Tomaten. Dann kam noch eine bettelnde Frau an, die Hunger und ein kleines Kind hatte. Ist ja kein Problem, denn die beiden hatten ja mehr Gemüse als sie eigentlich kaufen wollten und wollten ihr das geben, aber sie wollte Geld. Dann war der Hunger wohl doch nicht so schlimm und es gab es eben nichts. Wir fuhren weiter zu einem Camping im Tal, Didi saß wieder am Steuer. Wir mutmaßten herum, was das wohl für Gestalten waren. Das Verhalten schloß aus, daß es sich um Iraner handelte. Vielleicht afghanische Flüchtlinge?

Eine Deppenansammlung vor der Tür.

Der Camping lag in Shahdad. Auf dem Weg dahin überholten uns Moppedfahrer, von denen einer Gesten des Halsabschneidens in unsere Richtung machte. Von seinem Mopped aus wird ihm das allerdings schwerlich gelingen. Was sind das hier nur für seltsame Leute? War das, was wir vor Kerman passierten tatsächlich eine Grenze? Die Grenze zwischen dem guten Iran und dem schlechten Iran? Bisher schien es fast so. Aber wenigstens blieben die Straßen gut, mehr interessierte uns im Moment nicht. Wir fuhren in ein Gebirge, ich stellte das GPS so ein, daß es die Höhe anzeigte und tatsächlich kletterten wir hinauf bis auf etwa 2.400 Meter. Oben kamen wir, wie von Heike angekündigt in ein Tunnel und von da an ging es wieder bergab - und es war dunkel geworden. Die Anzeige fiel und fiel. Unter Zweitausend, unter Tausendfünfhundert, unter Tausend. "Jetzt ist aber gut", dachte ich mir. Aber die Anzeige fiel weiter. Man merkte oft nur daran, daß man kaum auf dem Gas stand, daß es bergab ging. Über weite Strecken sah die ganze Geschichte eben aus. An einer Kontrolle stand die Polizei und ein anderer Typ, der einen Teller mit Bonbons zum Fenster hineinhielt, fragte nach Geld. Ich hatte keine Ahnung wieviel er wollte und für was es war, aber ich gab ihm ein Kleingeld. Dafür bekam ich eine Quittung. Almut entzifferte sie und meldete, daß es sich dabei um eine Spende gehandelt hatte. Ich fuhr rechts heran, um auf die anderen zu warten, über das Handy wollte ich sie warnen, aber ich schaffte es nicht rechtzeitig und sie zahlten auch. Weiter. Ich schaltete die Klima wieder ein, denn es wurde warm. Und immer weiter fiel die Anzeige. Achthundert, Siebenhundert, Sechshundert... "Jetzt... Jetzt bleib doch stehn!" Fünfhundert. Nun blies es warm aus den Lüftungsschächten des Armaturenbretts. "Was ist denn jetzt los?" Ich schaltete die Klima aus und wieder an. Der Ruck, der sonst durch das Auto geht blieb aus. In der Kanzel wurde es warm. "Verdammte Scheiße!", fluchte ich und machte das Fenster auf. Der warme Fahrtwind bestimmte nun die Temperatur im Innenraum. Zwischen Zwei- und Dreihundert pendelte sich die Höhenanzeige nun ein.

Und bald waren wir auf dem Campingplatz, dem sogenannten "Desert Camp". Der war nicht schwer zu finden, denn die Straße führte genau drauf zu, außerdem war der Platz hell erleuchtet. Wie Landebahnen, die Sternförmig aufeinander zuführen. Und überall standen Hütten herum. Es waren einige Busse da und ein Soldat, der nach einem Paß fragte und der meinte, wir könnten uns eine Hütte aussuchen. Ich habe nie mitgekriegt, ob einer von uns bezahlt hat. Ich jedenfalls nicht. Wir nahmen buchstäblich die erstbeste Hütte, zwar nach reiflicher Überlegung, aber wir nahmen sie. Ich durfte sogar mit dem G um die Hütte herumfahren. Ich bin noch nie G-Modell gefahren. Und ich stellte auf Anhieb fest, daß das eine andere Welt war. Ich hatte das Gefühl, daß Panzersperren nötig wären, damit im G-Modell sitzen mit Fug und Recht behaupten könnte, irgendwas sei "unpassierbar". Mit dem Teil hätten sie das Pakistan-Visum eigentlich gar nicht gebraucht. Sie hätten einfach außenherum über den Persischen Golf fahren können - das ist zumindest meine Einschätzung. Wir stellten die Autos auf und bereiteten das Abendessen vor. Es gab Spätzle mit Gemüsegulasch. Immerhin hatte ich noch eine Dose Champignons. Pilze sind ja keine richtigen Pflanzen und sind folglich genießbar.

Auf dem Weg nach Kerman: Sieht aus wie Schnee, ist aber Salz.

Während das Essen im Entstehen begriffen war kam ein Bus herangefahren, ein Iraner stieg aus und ging zu Didi. "Kommen sie von Deutschland?", fragte er. Sie unterhielten sich. Er hieß Jalal und war wohl eine Weile in Köln gewesen. Sein Bruder war da immer noch, der Ärmste. Er selbst hatte in Kerman ein kleines Hotel und Reisebüro oder sowas. Die Situation hier sei "nicht schön", sagte er, er gab uns einige Visitenkarten, falls was wäre. Die Grenze zu Afghanistan sei sehr. Man müsse sich auch bei der Polizei melden, wenn man in gewisse Gegenden wolle. Er müsse nun einen Touristen aus der Tschechei abholen. Ich hörte alles mit, vom Stuhl aus, auf dem ich zuvor recht blöd Tomaten geschnibbelt hatte. "Kann ich etwas für sie tun, brauchen Sie irgendwas?" Ich sprang auf, gab ihm Geld und sagte "Eine kalte Cola!" Doch das ließ sich nicht machen, denn er wollte nicht den Touristen abholen und ihn hierherbringen, wie ich es verstanden hatte, sondern in Kerman am Flughafen abholen und dann in kerman bleiben. "Achso", kapierte ich, "na dann nicht. Haben ja noch eines..." So fuhr er von dannen.

Das Abendessen schmeckte wie immer sehr gut, und ich meldete mich wie immer freiwillig zum Spülen. Das hatte heute allerdings bereits Heike übernommen. Natürlich geht das so nicht, denn es ist ja abend, und ich nahm das Geschirr, das Almut zur Toilette tragen wollte, wo es gespült werden sollte. Heike war schon vorausgegangen und ich ging hin. Es waren etwa dreihundert Meter. Ich blickte mich auf der Damentoilette um und fragte: "Wo soll ich das Zeug abstellen?" "Auf gar keinen Fall abstellen!" Also hielt ich die Waschwanne, während Heike mit die Arbeit wegnahm und abspülte. Danach saßen wir noch in der Runde und unterhielten uns, unter anderem darüber, was in Teheran alles zu erledigen war. "Was zischt denn da?", wurde ich aufmerksam. Es kam vom Blauen. Es war auch eine kleine Lache unter der Haube. Ich ging näher. "Tatsächlich!" Der Kühler, vielleicht? Ich machte die Haube auf. Der Kühler war noch heiß, aber das Zischen kam nicht daher. Didi kam mit der "Hirnlampe" und wir suchten die Quelle des Zischens. Und die lag genau an dem Messing- oder Kupferteil, der zum Klima-Verdampfer oder Klima-Condensator (als wenn das nicht dasselbe wäre), jedenfalls an dem Teil der Klimaanlage, der aussieht wie ein kleiner Kühler. Dort, wo die Leitung durch das Blech der Karosserie führte, und wo eigentlich eine Gummitülle hingehört, da war das Kupfer oder Messing durchgescheuert. "Dafür war also die Gummitülle gedacht. Ich dachte, es geht schon ohne..." Didi sparte sich alle Kommentare hierauf, dabei bin ich mir sicher, daß ihm einige eingefallen wären. Dreck. Auch das noch. Und die schwüle Gegend kommt erst noch.

Aber hier und jetzt konnten wir das Problem nicht beheben und wir gingen wieder zur Nachtordnung über, beobachteten die Mäuse, wie sie um das Auto und die Hütte sprangen und unterhielten uns. Da kamen ein paar Einheimische und fragten, wo wir herkämen. Das waren wieder normale Leute. Kurze Zeit später war eine ganze Gruppe da, saß uns gegenüber, stellte sich vor und einige packten ihre Instrumente aus und begannen zu musizieren. Die Kopftücher rutschten immer weiter hinter, bis keine mehr ein Kopftuch aufhatte. Nach etwa einer halben Stunde gingen sie dann wieder hinüber zu ihren eigenen Hütten und wir gingen ins Bett: Heike und Didi in das Dachzelt, und wir in die Hütte, die hauptsächlich aus einem Strohdach bestand. In anderen Hütten hatten sie ein Zelt darinnen aufgebaut. Das hätte ich auch gern gemacht, aber mangels Zelt ließ ich es wohl oder übel bleiben.

Abendgestaltung im Desert Camp.

 


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