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Pakistan 2010
Mittwoch, der 8. September

In Goris gibt es nichts zu sehen. Höchstens für den Hotelbesitzer. Der sah nämlich in unserem rechten Vorderrad eine Schraube stecken. Und er bot an, mit mir zum Vulkanisateur zu fahren. Das taten wir auch gleich – wer weiß, wie lange sich die Luft da noch hält und ich verspürte nicht die geringste Lust, hier eine Reifenwechselaktion durchzuführen. Der Reifentandler war nicht weit weg vom Hotel, und er zug die Schraube aus dem Reifen und stellte fest, daß sie gar nicht durchgegangen war. Das Profil war noch zu gut. Die Reifen waren eine gute Investition. Es sind 185 R 14 und gehören angeblich an einen Transporter. Die hab ich mir vor ein paar Monaten beim ATU besorgt – ausdrücklich einen türkischen Mitarbeiter verlangt, weil ich mir dachte, daß die in erster Linie Verkäufer sind und nicht Stasi-Spitzel wie ihre deutschen Kollegen, die sich weigern, einem die Reifen aufzumontieren, nur weil sie für das Auto nicht freigegeben sind. Un den englischen TÜV hat es offenbar auch nicht interessiert, ebensowenig wie der Lankknauf. Beide Anschaffungen haben sich auf dieser Fahrt mehrfach bewährt, ebenso wie die Federn, die dem Unterfahrschutz fast die ganze Arbeit abnahmen. Gekostet hat die Reifenreparatur nichts, auch das Trinkgeld wurde nicht angenommen.

Zurück zum Hotel. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit dem Besitzer – sogut es ging. Allerdings konnte die Rezeptionistin gut Englisch und übersetzte fleißig, wenn sie Zeit hatte. Vier Stunden bis zur Grenze, die Strecke geht durch das Gebirge. Wir fuhren gegen zwei Uhr los. Der Asphalt war nicht der beste, an viele Stellen Wellblech, aber es ging voran. Immer in Richtung iranische Grenze. Die Landschaft äußerst sehenswert. An einer Stelle sah man einen Teil der Gebirgsstrecke, die aus 49 Serpentinenkurven bestehen soll.

Die "Caracoles Armenios".

Wir hatten noch nicht viele der Kehrtwenden befahren, als ich plötzlich die Fahrt auf Null schrauben mußte. Vor uns war in einer Kurve alles voller LKW. Alle hatten iranische Kennzeichen. "Es geht hier wohl schon los", sagte ich. Eine hohe Dichte an persischen Kennzeichen ist ein sicheres Anzeichen dafür, daß hier wieder massiv Scheiße gebaut wurde. Da verdichtet sich die Blödheit und manifestiert sich auf mannigfaltige Art und Weise. Es kann ein unnötiger Stau sein, ein unnötiger Unfall, bestenfalls einen Aneinanderreihung von unnötigen Manövern. Solange es wenig Iraner sind, kann man es noch ausgleichen, aber wenn sie auf dieser engen Straße von beiden Seiten kommen und ganz ohne Regulatoren in Form von Nicht-Persern, dann handelt es sich um das berühmte "recipe for disaster". Nun, das Disaster blieb aus, aber nun standen wir erst mal. Ich stieg aus, um die Lage zu analysieren. Vor uns ein Laster, der selbst abgeschleppt wurde, allerdings von einem Laster, der dann selbst liegenblieb – genau hier in der Kurve. Das wiederum veranlaßte den entgegenkommenden Laster zum Anhalten, was man ihm hoch anrechnen muß. Ein Iraner merkt nämlich erst wenn er feststeckt, daß er da nicht vorbeikommt. Der Fahrer war ein älterer Herr und ich vermute, daß er es in seinem Leben ein paar Duzend mal versucht hat, und es nun als empirisch belegt ansah, daß er jedes Mal steckenbleibt, wenn er durch Engstelle fahren will, die schmäler als sein LKW ist. Nun waren nicht alle Perser so Weise. Der nächste fuhr nämlich in die Lücke und blieb auch nur deshalb nicht stecken, weil alle zu brüllen anfingen. Er blieb stehen, brüllte seinerseits, konnte aber dazu überredet werden, wieder zurückzusetzen, damit zumindest die PKW weiterfahren konnten und die Straße nicht zusätzlich blokierten.

...und wieder retour...

Er setzte zurück und stellte sich am Stauende an, aber nur um zuzusehen, wie der nächste schlaue Perser mit seinem 40-Tonner an ihm vorbei auf die Lücke zufuhr. "Da ist doch einer blöder als der andere", stellte ich fest. Nun stand der nächste Trottel in der Kurve und auch er kam nicht vorbei. "Nein, der andere ist nur zurückgefahren, weil er ein Depp ist. Es sind überhaupt alles Deppen, nur Du nicht. Wenn Du Deinen LKW schön zusammenfaltest und unter den Arm nimmst, kommst Du da locker vorbei", würde ich sagen, wenn ich persisch könnte. Auch er mußte zurück. Das war vielleicht ein Staatsakt, bis der seinen 40-Tonner rückwärts auf der Gegenfahrbahn bis ans Stauende jongliert hatte. Jedes Mal schlug er die Räder genau in die falsche Richtung ein, der Hänger fuhr abwechselnd in Richtung Graben oder wollte den Berg hoch. Die stehenden Autos hatten Glück, daß der Idiot sie nicht rückwärts von der Straße in den Abgrund schob. Was für ein Idiot! Der soll sich in Bayern bei den Bullen melden, da verdient er mehr und darf weiterhin solche idiotischen Aktionen bringen – sogar ohne, daß jemand was sagt. Der schaffte es nicht, auch nur einen Meter geradeaus rückwärts zu fahren. Ich war kurz davor auszusteigen, und ihm seine Karre am Hang zu parken. Letztlich schaffte er es dann doch mit Hilfe von etwa zehn Leuten.

Falls es überhaupt sowas wie eine Pahrprüfung im Iran gibt, wird Rückwärtsfahren sicher nicht verlangt.

Bravo. Weiter so. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren, und wenn es nur der ist, daß man die Nation mit den schlechtesten Fahrern ist. Die Mullahs dort unten sollten im Interesse der Nation ihren Leuten das Autofahren verbieten. Der Mohammed ist schließlich auch nicht Autogefahren. Wenn der Prophet nichts ißt, dann machen sie es schließlich auch nach. Während des Ramadan müssen die ja noch besonders schwachsinnig sein. War schon gut, daß wir das noch abgewartet haben.

Hier also nur "unnötiger Aufenthalt. Weiter fuhren wir. Auf den letzten paar Metern fuhr ich noch in eine Geschwindigkeitskontrolle. Ich dachte mir noch, was der jetzt will, als ich die Kelle sah. Als ich dann die Radarpistole sah wußte ich es. "Ach, nööö... Auf den letzten paar Metern..." Er stieg aus, setzte seine Sowjetmütze auf und kam ans Auto. Ich stieg auch aus. Wir gingen hinüber zum Polizeiauto. Er nahm einen Zettel, deutete auf die Richtung, aus der wir kamen und malte "60" auf den Zettel. Dann deutete er auf mich und malte "74" auf. Dann zog er einen Ausdruck hervor und zeigte auf ein Kästchen, in dem Stand "11 – 20 = 12.000", und malte die 12.000 auf den Zettel. Ich sah es mir an, holte meinen Kugelschreiber aus der Tasche, strich die letzte Null durch, grinste und gab ihm den Zettel. Er lachte und schüttelte den Kopf. Er zeigte noch mal auf den Ausdruck. 12.000 Micky Maus. "Wollen Sie mich stirzen in tiefst Noth und Ärmlichkeit?", fragte ich. "Ich Vater zehn Kinder, ich!" Er deutete auf den Daimler, dann auf sich und schrieb dann 240D auf den Zettel. Er hatte auch so einen, wollte er damit sagen. Wir einigten uns auf 3.000. Das sind etwa 6,47€. Ich gab ihm einen 5.000er Schein. Er legte ihn zu seinen Papieren, fragte dann nach meinen Papieren. Ich hielt ihm das gesamte Bündel hin. Aber die wollte er nicht. "Permis de Conduire", sagte er. Ich legte also Paß und Fahrzeugscheine auf den 5.000er und kramte meinen Führerschein heraus. Den gab ich ihm und steckte dann meine Papiere und den 5.000er, der sich zufällig in meinen Papieren verheddert hatte und steckte alles in die linke Hosentasche. Als er fertig war mit dem Ausfüllen des Strafzettels, gab er mir zwei Tausender, die ich in meinen Geldbeutel steckte und den steckte ich in die rechte Hosentasche. Seine Hand hielt er aber weiter in der Position. Er wollte den 5.000er. Schöner Trick. Bloß klappen hätte er müssen. Aber der klappt nur bei deutschen Bullen. Ich nahm den Geldbeutel wieder heraus und gab ihm den anderen 5.000er, den ich da noch hatte.

Weiter zur Grenze. Im letzten Kaff hielten wir noch an und ich gab die restlichen Mickymaus noch aus. Vertanken ist blöd, weil das Diesel im Iran praktisch umsonst ist, also kaufte ich davon Cola und Kippen. Dann fuhren wir die letzten Meter zur Grenze vor.

18:54 325.972: Ankunft Grenze Armenien – Iran. An einer Schranke hielten wir. Ich ging in ein Kabäuschen und gab den Zoll-Zettel ab. Der kritzelte etwas in ein Buch, dann schickte er mich durch die Schranke nach vorn zur eigentlichen Grenzstation. Das ging ja schnell. Ich fuhr vor zur Grenzstation, parkte da erst mal in Sichtdeckung der Iraner. Eventuell wollte ich ja noch einen Kennzeichenwechsel vornehmen. Ich ging hinein und wollte einen Ausreisestempel für den Paß. Doch das war komplizierter als ich dachte. Ich fuhr also mit dem Auto zu dem hangar, durch den alle müssen und wunderte mich ein wenig darüber, daß alles hier durchsucht wurde bei den anderen. "Was ist denn das für ein Schwachsinn bei der Ausreise? Naja..." Ein Polizist oder Zöllner gab mir ein Zeichen zum losfahren, der andere zum Stehenbleiben. "Habt Ihr's dann bald, Ihr Deppen? Was jetzt?" "Come here!", sagte der eine. Ich ging zu ihm. "With car!", sagte er genervt. Ich setzte mich ins Auto, ignorierte die Zeichen des anderen zum Stehenbleiben und fuhr los. Er sagte, er müsse mein Auto durchsuchen. "Mach halt!" Aber erst soll ich in den zweiten Stock, eine Paßkopie machen, dann 6.600 MickyMaus bei der Bank einzahlen und dann wieder kommen. Was für ein schwachsinniger Blödsinn. Wozu? Wahrscheinlich bloß, damit ein paar unnütze Leute beschäftig werden können. Wie in Deutschland. Ich ging zu Almut und bat sie darum, mir eine Paßkopie zu geben. Mit der ging ich dann zum Schalter. "Willst Du meine Papiere?", fragte ich an jedem Schalter, an dem ich vorbeikam, und als mich schließlich alle wegschickten, ging ich wieder zu dem einen Polizisten und sagte ihm, daß keiner meine Paiere haben will, und ob ich jetzt endlich fahren darf. "Nein", sagte er, Du mußt erst eine Paßkopie machen, dann 6.600 MickyMaus einzahlen bei der Bank und dann muß ich Dein Auto durchsuchen", erklärte er wieder. "Das ist ja schön und gut, und ich freu mich auch schon richtig darauf, aber keiner will diese blöden Papiere haben", sagte ich zu ihm und hielt sie ihm vor die Nase. "Ah, Paßkopie hast Du schon gemacht? Gut. Dann mußt Du jetzt zur Bank." Ich ging los zum nächsten Schalter. "Bist Du die Bank?", fragte ich. Der Typ drehte sich weg. Ich zum nächsten Schalter. "Bist Du die Bank?" Einer, der gerade anstand, zupfte mich am Ärmel. "Bank not here", sagte er und gab mir ein Zeichen zum mitkommen. Ich folgte ihm. Wir gingen durch eine Tür auf die andere Seite, also zur Einreise und da war dann ein Schalter, über dem "Ararat-Bank" geschrieben stand. Gut, nun mußte ich nur noch 6.600 MickyMaus zusammenkriegen. 5.000 hatte ich schon mal. Ich ging zum Auto, holte 3€ in Münzen und ging dann zum Bankschalter. Der aber schickte mich weg. Keinen Bock wegen diesem Scheiß einen 50€-Schein zu wechseln. Dann haben wir 47€ in dieser Gaggerl-Währung und können die dann wieder in iranische Fufus umtauschen. Ich ging zurück und beschwerte mich beim Polizisten. Der kam mit zur Bank. Der Bankier hatte wohl gerade massive Computerprobleme. Alles was auf dem Bildschirm zu sehen war, war eine Fehlermeldung. Sie diskutierten. Er kann keine Münzen annehmen. Almut und ich überlegten, wie wir vorgehen sollten. Er soll uns auf einen 50er 45€ und den restlichen 5er in MickyMaus rausgeben. Währenddessen schlug Arnie auf das Brett vor dem Bankschalter. Man hätte davon gar nichts mitbekommen, wenn es abendländisch festgeschraubt gewesen wäre. Aber das war es nicht. "Bam – bam – bam – bam!" Almut zog ihn weg. Ich zog beide wieder her. Einer muß ja hier mal auf den Tisch hauen, um diese Schlampenwirtschaft auf Vordermann zu bringen. "Bam – bam – bam – bam!" Der Typ hinter dem Schalter redete aufgeregt am Telephon. Macht nichts, nur gut so. Je mehr es ihn nervt, desto schneller wird er uns loswerden wollen. Geht nicht, er kann nur MickyMaus rausgeben. Vielleicht sollten wir ein paar Packungen Kippen verkaufen... Wir gingen wieder hinaus. Wir hatten keine kleinen Scheine und er wollte nicht in Euro rausgeben. Ich erklärte dem Polizisten, was Sache ist. Er ging wieder mit und redete mit dem Banker. Der kleinste Euro-Schein, den er hatte, war ein 200er. Ob wir auch Dollar nehmen. Klar, Hauptsache Geld. Dollar ist noch besser. Als wir das endlich geschafft hatten bekam ich eine handgeschmierte Quittung – "Computer kaputt" – und ich ging von einem zum nächsten Schalter: "Magst Du meine Papiere haben?" Eine Antwort wartete ich nicht ab. Almut ging auch von Schalter zu Schalter und entschuldigte sich. Erniedrige Dich nicht! Die sollen uns jetzt hier rauslassen. Kasperletheater kann ich nämlich auch machen, noch besser als die. Aber einer wollte tatsächlich die Papiere haben. Nach einer Viertelstunde kam Almut wieder. "Bleib jetzt mal da", sagte ich und hoffte, Arnie würde Rabatz machen – aber den macht er nur, wenn es sinnlos ist. Hier wäre es angebracht. So sehr ich es versuchte, er lachte mich nur aus, statt loszuheulen. Nichts funktioniert. Aber endlich gab mir dann der hinter dem Schalter die Papiere zurück und sagte "Auf Wiedersehen!" Nun konnten wir das Auto durchsuchen lassen. Der Polizist hatte aber gerade Pause und ich setzte mich dazu. Er spendierte mir sogar eine Fanta. Ich fragte, ob das mit dem Durchsuchen bei der Ausreise eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sei oder völlig sinnlos. Aber das konnte er mir nicht beantworten. Als wir hinauskamen waren wir von vier Viehtransportern blokiert. Super! Er fing an, das Auto zu durchsuchen, aber als dann die Laster in Bewegung kamen, sagt er, wir sollen los. Almut innen am Schalter vorbei, ich außen herum zum Scanner. Was war das nun für ein Schwachsinn? Er gab meine Fahrzeugpapiere einem anderen Typen und der schickte mich zu einer Halle.

Der "Scanner".

Ich fuhr hin, mein Fahrzeugschein wurde dem Hallenwärter gegeben und von der anderen Seite kam ein LKW nach dem anderen in die Halle gefahren. Irgendwann kam der Typ – ich stand nach wie vor vor der Halle, und gab mir meine Papiere wieder. "Finish?", fragte ich. "Finish", sagte er und winkte ab. Ich fuhr zurück. Der Typ der mich zur Halle geschickt hatte, brüllte mich an und zeigte auf die Halle. "Schnauze, Du Brüllaffe!", sagte ich und ging weiter ohne ihn zu beachten. Dem Polizisten der Englisch konnte zeigte ich meinen Schein und sagte, ich käme gerade vom Scannen. Ich lud Almut ein, die mir erzählte, daß die Schaltertante mit ihrem Paß erst nichts anzufangen wußte, dann aber doch den Stempel hineinhaute. Ich ging auch hinein. "Mußt Dich aber beeilen, sonst ist der Schalter wieder ewig unbesetzt." Natürlich war der Schalter bereits leer, als ich ankam. Also weiter und zum Ausgang. Nur wo war der? Irgendwann standen wir vor einer aus LKW bestehenden Wand. Andere Seite. Ich sah einen PKW und darin saß ein Schöngeistiger. Irgendwie erkennt man die. Ich fuhr Fenster an Fenster und sagte: "Excuse me! Do you speak English? You look like you do!" Ich hatte mich nicht getäuscht. Von wegen man soll Leute nicht nach ihrem Äußeren beurteilen. Das soll man nur dann nicht machen, wenn man es nicht kann. Er erklärte, man müsse erst durch den Scanner, dann auf der anderen Seite hinaus. Im Scanner "waren wir ja schon", also fuhren wir gleich zur anderen Seite. Dort waren die LKW verschwunden und ein Typ saß im Kabäusle. Ich reichte ihm meine Papiere. "Russi panjemaiesch?" ("Verstehst Du Russisch?"), fragte er. "Ruki wjerch! Idi suda!" ("Hände hoch! Komm hierher!"), antwortete ich. Er fing an, lauthals zu lachen. Na, wenigstens ist es eine fröhliche Bande. Er sagte dann etwas von wegen "Asker", also Militär, soweit ich weiß, gab mir meine Papiere und rief in die Dunkelheit nach jemandem. Dann ging er wieder hinein. Es kam ein Soldat und ging zum Auto vor uns. Zwei Straßenköter zankten sich und stolperten gegen den Soldaten. "Njet!", sagte er und trappte sich den Weg frei. Die vor uns waren Iraner und wir hatten uns mit ihnen unterhalten. Ihr Auto wurde durchsucht. Dann kamen wir an die Reihe. Ein Stempel fehlte in meinem Paß. Ich ging wieder zum Schalter und sagte mehr oder weniger das, was ich verstanden hatte. Er entschuldigte sich und machte den Stempel hinein. Mit dem ging ich dann wieder zum Soldaten und zeigte ihm den Stempel. Er kam noch mit zum Auto und sah in den Kofferraum. "Ok, ok. Go!", sagte er, wünschte uns eine gute Reise und ging. Einer der beiden Straßenköter bellte mich an. Ich duckte mich und tat, als würde ich einen Stein aufheben und schon gab er Gas. Aus dreifachem Abstand probierte er es wieder und das Spielchen wiederholte sich. Der Abstand wurde immer größer. "Siehst Du die Reaktion?", sagte ich zu Almut. Die funktionieren überall auf der Welt gleich, man muß gar nicht viel tun um sie loszuwerden. Nur Angst zeigen darf man auf keinen Fall, geschweige denn weglaufen.

21:25 325.972: Ankuft Grenze Iran. Über zweieinhalb Stunden für eine Ausreise, und das nur wegen sinnlosem Müll! Das gibt Sympathiepunkteabzug für Armenien. Dabei geht der Spaß jetzt erst richtig los, denn hier kommen wir zur ersten "Problemgrenze" auf dieser Reise. Ich fuhr auf eine Gruppe Soldaten zu. Almut sagte noch irgendwas, daß es vielleicht ganz gut ist, wenn uns nicht gleich jeder für Deutsche hält – zumal ja unsere Regierung in vorauseilendem Gehorsam und völlig unnötigerweise den Stein mit der Sanktionsverschärfung gegen den Iran ins Rollen brachte. Sollen sich doch mal um die Probleme in ihrem eigenen scheiß Land kümmern, da gibt es genug zu tun. Aber nein! Man muß nach alter deutscher Art erst vor fremden Haustüren kehren. Ich stieg aus und das erste was ich höre ist: "Germany!" Soviel dazu, daß man und nicht gleich für Deutsche hält. Sollen sie uns doch für Deutsche halten. Aber wir sind ja die guten Deutschen und erwidern jedes frundliche "Heil Hitler!" ebenso freundlich. Die Pässe ausgehändigt. Sie schrieben fröhlich alles ab, während ich einem der Soldaten half, das Tor zu öffnen, das am gewölbten Asphalt klemmte. Bald war auch das erledigt und wir fuhren weiter durch irgendeine blöde Desinfektionanlage die kein Mensch braucht. Bezahlt wurde mit den drei Euro, die die Bank vorhin nicht haben wollte. Es kamen einige Typen auf das Auto zu und fragten nach einem Carnet de Passage. "Hab ich doch nicht, diesen Dreck da." Hin und her und wieder hin. Der Typ laberte auf mich ein was das Zeug hielt und ließ sich überhaupt nicht davon beeindrucken, daß ich kein Wort verstand. Irgendwann nahm er mich mit in den Grenzkomplex hinein und stellte mich einem anderen vor, der Englisch konnte. Der erklärte mir, daß wenn ich das Carnet hätte, sofort weiterfahren dürfte. "Schön, hab ich aber nicht. Weiter...", sagte ich freundlich. Morgen käme jemand, der das Auto schätzen würde und daraufhin würden dann die Papiere ausgestellt. Mir war das doch alles wurscht. "Na, gut", sagte ich, fand mich damit ab, daß es erst morgen weitergehen würde und ging dann wieder zum Auto. Auf dem Weg da hin labert mich der Typ wieder voll. "Alter, grad war der Übersetzer da, jetzt ist der weg und ich versteh Dich wieder immer noch nicht!" - natülrich verstand er mich genausowenig. Ich setzte mich ins Auto und fuhr ein Stück zurück und da stand plötlich der Übersetzer. Er stieg ein, und schaute recht doof, als er merkte, daß Almut und das Kind auf der Rückbank saßen. Schwuchtel! Er lotste uns an die andere Seite des Komplexes. Dort stand neben einem Blumengebet ein Bett, also nur das Gestell, und ein paar Decken lagen herum. "Ihr könnt da schlafen, ich schlaf auf den Blechen", sagte ich zu Almut, und stieg aus um das Bett herzurichten. Ich hob die festeste Deck auf, die herumlang und breitete sie auf dem Drahtgestell aus. Wenn erst alle unterlagen darauf ausgebreitet sind, wird das ein gemütliches Nachtlager. Während ich die anderen Decken darauf verteilte kam ein dicker Typ mit Vollbart an. Er nahm die Decke sagte "no good", gab mir zu verstehen, daß sie nach Benzin stinkt und warf sie ins Blumengebet. "Benzin good", sagte ich. Das hält uns die Mücken vom Leib, und wollte die Decke wieder holen. Aber dann kam mir ein Verdacht. "Ist das etwa Dein Bett?", gestikulierte ich ihm. Er bejahte und ich mußte lachen. "Sorry, Alter!", sagte ich. Er bot uns aber an, daß wir es benutzen konnten. "Neinein, laß mal. Wir bauen uns unser eigenes Bett. Paßt schon." Aus Schlafsäcken, Isomatten, Gammel- und Babydecken bastelten wir unser Nachtlager. Am Schluß war es ganz gemütlich. Nebenan war eine Art Imbiß. Ich bestellte dort was es eben gab und zwei Cola. Als ich alles Fleisch aufgegessen hatte, brachte ich Almut den Teller und sie aß die Beialgen auf, also den Reis, die kartoffeln und das ganze Zeug. Ich trug den Teller zurück, rauchte eine Kippe und traf wieder den Schöngeistigen, der gerade sein Nummernschild wechselte. Wenn sie aus dem Iran fahren müssen sie Nummernschilder mit normalen Zahlen dranschrauben, sobald sie wieder in den Iran kommen, schrauben sie ihre Schilder mit den Krakel-Zahlen wieder dran. Noch konnten wir also Nummernschilder wechseln, ohne groß Verdacht zu erregen. Ich wechselte noch 150€ um und bekam dafür 1.950.000 Micky Maus. Die Bank hatte noch offen. Zurück kam ich mit einem Bündel von wertlosen Scheinen – 98 an der Zahl. Die paßten überhaupt nicht in den Geldbeutel. Nach der Kippe begab ich mich ins Bett. Schon wieder an einer iranischen Grenze im Freien übernachten. Bazargan war plötzlich wieder in farbenfroher Pracht da, als wäre es letzte Woche gewesen – nur, daß wir diesmal hinein wollten, statt hinaus.


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© by Markus Besold