< September 2010 > | ||||||
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Wieder mal eine Mückennacht überlebt, aber ausgeschlafen ist anders. Almut und ich gingen ins Hotel zum Frühstücken. Bei der Bestellung gab es gewisse Verständigungsschwierigkeiten. Ich wollte einen Liter Milch und ein Spiegelei. Die konnten kein Englisch, also malte ich ein Spiegelei und ein Tetrapack Milch auf und zeigte es ihnen. Das Spiegelei verstanden sie, das mit dem Tetrapack allerdings nur zum Teil, denn ich bekam nur ein Glas Milch. Davon bestellte ich dann allerdings insgesamt vier, dann paßte es auch wieder. Milch ist wichtig für das Wachstum. Anschließend gingen wir in die Lobby. Dort gab es Internet. Heike und Didi wollten sich melden, wenn sie im Anmarsch sind, doch das Telephon schwieg, also ließen wir uns Zeit. Bei der Rechnung gab es ein Mißverständnis, weil ich ja bereits beim Einchecken bezahlt hatte, aber der, der das Geld entgegengenommen hatte und Englisch konnte, der war weg. Aber eine Diskussion entstand nicht - wie denn auch? - Sie ließen es einfach gut sein. Es wurden die Sachen im Auto hin- und hergeräumt, der Kleine gebadet, ich schlürfte ein halbes Duzend Cola auf und tatsächlich klingelte irgendwann das Telephon: "Hallo, wir sind auf dem Parkplatz, sehen Euch aber nicht." Ja, klar, wir waren ja auch auf dem Camping, ein paar hundert Meter davor. "Wir sind gleich da", sagte ich, "Nicht weglaufen!" Ich meldete den Anruf. Wir verstauten hastig alles im Auto, schlossen ab und gingen los. Almut, wie es sich gehört, durch den Hauptausgang, ich über die Mauer, weil es kürzer war. Als ich dann auf der Straße war mußte ich mir eingestehen, daß ich mich leicht verschätzt hatte. Es waren nicht "ein paar hundert" Meter, sondern mindestens ein paar Kilometer. Nun, mit dem Auto vielleicht eine Minute oder zwei, aber jetzt so, zu Fuß in der prallen Sonne, da wollte dieses Persepolis einfach nicht näherkommen. Wir liefen an einer Gruppe Iraner vorbei, die natürlich und wie immer fragte, wo wir her seien. "Alman!", wie immer, die Antwort. "Michael Ballack, isch libbe Disch!" Wir fragten uns, wie wohl ein Iraner, der zu Besuch in Deutschland ist, reagieren würde, wenn man ihm sagen würde "Ahmadinejad sehr gut!" Ich nahm es mir vor, das auszuprobieren. Beim nächsten Mal, wenn einer seine Bewunderung für unseren Altkanzler ausdrückt, dann werde ich antworten: "Danke, aber Euer Präsident Ahmadinejad ist auch super!" Aber vielleicht schlägt er mich dann ja, oder ist beleidigt.
Eine Ewigkeit später waren wir an der Ausgrabung. Den G sahen wir wohl. Der stand ganz vorne neben dem Schalter. Aber von der Besatzung fehlte jede Spur. Aber wozu hat man ein Handy? "Wo seid Ihr? Wir sind schon da!", sagte ich, "Aber ich seh Euch nicht." Didi antwortete: "Aber ich seh Euch, geht weg aus der Ecke, da isch's g'fährlich!", dann brach die Verbindung ab. Ich wußte zwar nicht, was er nun gemeint hatte, aber wir setzten uns einfach in Bewegung und sahen auch schon die anderen, die müßig im Schatten einer Zypresse saßen und nun aufstanden. "Was ist gefährlich, wo?", wollte ich wissen. "Da vorn ist schon wieder irgend so ein Fernseh-Mullah, der wollte mit uns ein Interview machen, ich dachte, der spricht Euch auch an." "Wo? Ich hab nichts gesehen", antwortete ich. "Natürlich nicht. Vielleicht sollt'sch Dei Brill absetzen? Da in dem Riesenzelt vor dem Ihr gestanden seid." Nun sah ich es auch. "Gehen wir einfach weiter und tun so, als wäre nichts gewesen."
Wir kauften die Eintrittskarten und gingen hinauf. Da ich schon 2006 hiergewesen war, erklärte ich, wo was liegt und was wozu gedacht war. "Wie war das mit den Arabischen Geschichten? Die müssen nicht stimmen, sondern es reicht, wenn sie sich gut anhören?", kommentierte Heike, gerade als ich erzählen wollte, wie Odysseus hier alles niedergebrannt hat. "Mensch! Quatsch nicht! Keep it simple!, sag ich immer". "Deswegen gefällt es Dir ja auch in den USA so gut, nä?" Interessant waren die Einträge von den Schmierfinken vieler Herren Länder, die sich an dem einen oder anderen Stück verewigt hatten, und welche zurückdatierten bis Anfang des 19. Jahrhunderts: "W. Braunagel B. Baden 1924", "Major A E Stewart 1918", "Anderson 1876", "Stanley, New York Herald 1870", "W. Rindt 1810", "P H Laguiche 1840", "1911 1912 Central India Horse", "Mc Ilrath, Chicago Inter Ocean 1897", "F. W. Graf Schulenburg 1926 · 19 ~ Gesandter ~ 30 1931". Ob sich so ein Gesandter benimmt? Wahrscheinlich Mitarbeiter der Deutschen Botschaft, die damals noch Gesandtschaft geheißen haben mag. Da haben sie damals schon immer die Deppen hingeschickt, nehm ich an.
Nach dem ersten Teil der Besichtigung gingen wir in ein Kaffee und überlagten, was weiterhin zu tun war. Heute noch nach Shiraz weiterfahren, oder hierbleiben? Wir entschieden uns dazu, hierzubleiben, Didis Motorhaube und unseren Gepäckträger zu schweißen und uns morgen in Shiraz um das Flugticket zu kümmern. Eigentlich war soweit ja alles in Teheran bis auf das Carnet. Aber wenn alles glattgelaufen war, sollte das bis Montag im Hotel sein.
Im Freiluft-Restaurant bekamen wir einen Tee geschenkt. "Buäh! Das Wasser ist schlecht!", meinte Heike. "Ist es das nicht immer? Egal wie gut es ist, es ist immer schlecht. Alles muß man erklären..." "Aber das ist wirklich schlecht!" "Dann laß stehen, ich sauf ihn aus", sagte ich. Aber bevor ich dazu kam war er schon an den Busch nebenan verfüttert worden. Wie dem auch sei, wir gingen los. "Dort oben", erklärte ich, "da ist das Grab des Dareios", und wie befürchtet setzten sich alle dorthin in Bewegung. Nicht viel später hatte uns eine Gruppe Perser eingeholt. Die begrüßten uns, konnten aber kein Englisch und auch nicht wirklich deutlichmachen, was sie wollten. Irgendwann waren wir am Grab und blickten hinein. "Was ist da drin?", fragte Heike. "Na, nichts. Ein Loch im Felsen halt." "Ach, cool!" Wir schauten das an, irgendwer kam drauf, daß es gar nicht das Grab vom Dareios war, sondern das vom Xerxes oder Artaxerxes. "Haarspalter! Aber das andere dort drüben ist das vom Dareios! So." Heike hatte eine Schlage gesehen, die sich unter einem Felsen nebenan verkroch. "Wo?", fragte ich. "Da, unter dem Felsen, ganz lang und dünn!" Ich ging hin und trappte gegen den Felsen. Der rührte sich natürlich keinen Nanometer, und auch die Schlange kam nicht raus.
Das Telephon klingelte. Deutsche Botschaft.
"Was wollen denn die Affen schon wieder? Hallo?"
"Hallo? Herr Besold?"
"Ja."
"Der Paß von ihrem Sohn liegt hier."
"Ich weiß. Ich bin aber gerade in Shiraz und komme erst am Montag nach Teheran."
"Was ich aber fragen wollte: Brauchen Sie von uns ein Schreiben für die Iraner?"
"Wozu das?"
"Wenn der andere Paß ungültig gemacht wird brauchen Sie ja ein Ersatzdokument."
"Der andere wird aber nicht ungültig gemacht. Ich habe extra gesagt, daß ich einen zweiten Paß brauche, nicht einen Ersatzpaß."
"Ach, dann ist ja alles in Ordnung, dann brauchen Sie das Schreiben ja gar nicht."
"Nein. Und der neue Paß?"
"Der liegt hier, den können Sie dann am Montag abholen."
"Ok, gut, danke. Wiederhören!"
"Und?", fragte Didi. "Jetzt ist irgendwie wieder alles kein Problem. Kein Wort von wegen mit halbem Paß durch den Iran reisen, der Paß liegt da, ich soll ihn abholen." "Wer war's denn? Der Glatzkopf?" "Nein, die anderer, weißt schon, die eine da." "Die Iranerin?" "Genau." "Dann am Montag gleich zu der gehen, gar nicht erst zu dem anderen Idioten, sondern direkt zu ihr." Ich nickte. Meine Theorie ist ja die, daß die zu faul sind um das Schreiben auszustellen und mir deswegen den Paß einfach geben, damit es für sie weniger Arbeit ist. Und wer sagt, daß nicht am Montag alles wieder ganz anders ist? Kommt ja noch dazu. Diese sogenannten strikten Richtlinien und Regeln und Vorschriften, auf die sich jeder beruft sind auch in Deutschland nämlich in Wirklichkeit ein dichter Dschungel von oftmals widersprüchlichen Auswüchsen verschiedener Stellen und keine Sau blickt da durch. Vorgestern noch hieß es Ersatzpaß und der "alte" Paß wird teilweise ungültig gemacht. Heute darf ich ihn behalten und krieg den anderen dazu. Und übermorgen heißt es dann vielleicht ich darf den alten Paß halb behalten und der neue wird ungültig gemacht.
Beim anderen Grab auf der anderen Seite lag aber dennoch kein Dareios, sondern wieder ein Ataxerxes er hatte nur eine andere Nummer. Und auf dem ganzen Weg verfolgte uns ein Perser, der uns mit seinem Hemd Wind zufächelte, als wir wieder unten waren Getränke brachte, sich auch nicht dadurch beirren ließ, daß wir gar keine wollten. Dann kam er mit Rosenwasser an. Rosenwasser! Darauf hätte ich in Südamerika schon beinahe gekotzt, ich hasse Rosengeschmack. Andererseits kann ich schlecht Almut vorwerfen, daß sie sich ruhig mal zusammennehmen kann und Fleisch essen, statt sich immer so blöd anzustellen - ist ja nicht so, daß es ihr nicht guttut, ist ja nur reine Prinzipiensache. Irgendein Idiot muß ihr mal erzählt haben, daß man konsequent sein muß, und sie hat ihm oder ihr auch noch geglaubt. Wie schon Erich Kästner sagt: Entweder man lebt, der man ist konsequent. Ich kippte jedenfalls zwei Becher von diesem widerwärtigsten aller Gesöffe hinunter und danach war mir zum Kotzen übel. "Gehen. Jetzt." Wir gingen. "Pfuibäh! Und ausgerechnet jetzt sind mir auch noch die scheiß Kippen ausgegangen. Dreck!" Der Marsch zurück zum Camping kam mir noch länger vor als der hinweg. Ich schnorrte auf dem Weg noch eine Kippe und schleppte mich weiter in Richtung Camping.
Dort angekommen gurgelte ich mit ein wenig Diesel und es ging wieder besser. "Wir müssen ja nicht mit zwei Autos zum Schweißen fahren", schlug ich vor. "Wenn an beiden Autos etwas geschweißt werden muß? Gute Idee!", sagte Heike. "Aber wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre die Idee gut gewesen", protestierte ich. Dagegen konnte sie nun nichts sagen. Aber Didi half mir aus der Verlegenheit: "Wieso? Ich kann das Teil ja ausbauen und dann fahren wir mit Deinem." "Ha! Genau! So habe ich das nämlich gemeint. Hör halt zu", sagte ich zu Heike. Sie stellten sich auch auf den Camping, fuhren das Dachzelt aus, richteten das Lager her, Didi baute den Haubenverschluß aus, setzte sich in den Benz und wir fuhren los auf die Suche nach einem Schweißgerät. Gleich am anderen Ende des Kreisverkehrs fanden wir auch eines und das stand in einer Werkstatt. Die fuhren wir an und erklärten dem Typen gleich, was zu tun sei. Die Erklärerei überließ ich Didi. Manchmal ist es einfach besser, jemanden machen zu lassen, der Ahnung hat. Am Zustand des Blauen sieht man deutlich, was passiert, wenn man das nämlich nicht tut. "Als wäre es nicht schon schlimm genug, daß das Auto jahrelang von einer Frau gefahren wurde, wurde es auch noch jahrelang von einer Frau gewartet. Und das auch noch regelmäßig! Der Braune wurde sogut wie nie gewartet, hat weit mehr als doppelt soviele Kilometer und ist in besserem Zustand. Fragen? Danke." Ich solle die Batterie abklemmen. "Ja, ist der deppert? Dann geht das Radio nicht mehr, weil ich den Code nicht dabeihabe", schrie ich. "Laß mich raten, der liegt in der Garage...", war Didis Kommentar dazu. Die Batterie blieb also dran, stattdessen wurde eine Eisenstange neben der zu schweißenden Stelle gelehnt und auf ein am boden liegendes Eisentor gelegt. Dann wurden die Scheiben abgedeckt und der Typ schweißte einen Winkel an die gebrochene Kante.
Als ich die Abdeckung, die aus zwei Fußmatten und einem Karton bestand, sah ich die Bescherung. In dem Karton war ein Loch, und durch dieses Loch waren die glühenden Teile auf die Seitenscheibe gefallen. Die hatte nun ein paar Macken. Aber die sollen sowieso gegen Wärmeschutzverglasung getauscht werden. Weiter ging es hinten am Träger. Ich weiß nicht wie, aber Didi hatte bemerkt, daß auch da eine Schweißnaht auseinandergegangen war. Nun sollten die Kanister ab. "Ja, bist deppert? Da heb ich mir ja einen Bruch! Außerdem hab ich keine Kabelbinder mehr!", protestierte ich. "Ich hätte noch welche", meinte Didi. Aber hier geht's nicht um Logik, sondern darum, daß ich nicht in der prallen Abendsonne die vollen Kanister durch die Gegend trage. Bin ich behindert, oder was? Nichts da. Das Risiko, daß der Trottel in einen Kanister leuchtet und der in die Luft fliegt ist... naja, schon ein bißchen da, vielleicht, aber lieber das als mich hier mit vollen Kanistern abzuplagen. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß er eine Metallplatte zwischen Träger und Kanister schob und ich mit einer Wasserflasche danebenstand und die Funken gleich löschte. Mehr wegen der Scheiben und der Gurte als wegen der Kanister selbst. Danach wurde Didis Haubenverschluß geschweißt und wir fuhren weiter. "Scheiß da mit der Scheibe. Dreck!", fluchte ich noch eine Weile. "Was brauchen wir eigentlich?", fragte ich, weil wir weiter in Richtung Stadt fuhren. "Bier, Nudeln, Brot und vielleicht finden wir ein Reisebüro", bekam ich zur Antwort. Irgendwann kehrten wir um und ich fuhr am rechten Rand langsam die Läden ab. Genau als ich auf der Höhe des Hecks eines Eingeparkten Autos war, zieht das raus, ohne Blinken, ohne schauen, einfach raus. Ich bremse auf null herunter. Erst als das Auto komplett aus der Lücke ist, und wir schon stehen, dreht sich der Fahrer um. "Da bist doch sprachlos, oder?", meinte Didi. Was soll man dazu sagen? Man kann nicht mehr dazu sagen, als das, was ich jedes Mal wieder sage: Perser sind zu scheiße um sich zivilisiert auf der Straße zu bewegen. Zu der Zeit, als Persepolis errichtet wurde gab es noch keine Autos, denn sonst hätten wir hier heute nichts zu besichtigen gehabt. Vielleicht ist das hier auch ein bißchen so wie mit den Römern und den Italienern. Das sind zwei verschiedene Völker. Die einen konnten erfolgreich Krieg führen, haben ein Weltreich errichtet und alles recht gut organisiert. Die anderen schaffen es zwar einen Krieg anzuzetteln, versuchen ihn aber durch Davonrennen zu gewinnen und können nicht mal den eigenen Rückzug organisieren.
Ich parkte ein und wir gingen zum Reisebüro. Das hatte noch oder schon wieder offen, aber keine der beiden Angesteltinnen konnte einen Fetzen Englisch. Mit Zeichensprache und Ortsnamen erfragten wir die Preise für die Flüge Kerman - Teheran - Kerman, Zahedan - Teheran - Zahedan und Kerman - Teheran - Zahedan. Die Preise waren moderat. Aber wir wußten ja nicht, welcher Flug unseren Bedürfnissen am besten angepaßt war. Das mußte erst noch besprochen werden. Aber vorher brauchten wir noch Brot. Wir fragten uns durch, fragten nach Burberry, aber jeder sagte, in dieser Stadt gibt es kein Burberry. Nur dieses Flatschenbrot, also nahmen wir eben das und fuhren zum Camping zurück. "Alles geschafft?", fragte Heike. "Ja, die Scheibe hat ein bißchen was abgekriegt. Aber wir haben nach Flügen gefragt und ein Brot haben wir auch noch", sagte ich stolz. "Und wo ist das Bier?", fragte sie. "Scheiße", sagte ich, "Aber kein Problem, ich wollte sowieso nochmal losfahren! Brauchen wir sonst noch was?" Als niemandem etwas einfiel, fuhr ich los. Wieder die ganze Strecke zurück zu einem laden, dort eingekauft: Eier, Dosenhuhn, Chips, Bier, Cola, Kippen. Dann wieder zurück zum Camping.
Didi meinte, ich solle beim ADAC anrufen, um zu fragen, ob das Paket schon unterwegs ist. In Deutschland war es noch früh, als rief ich an und fragte nach. Das Paket sei vermutlich gestern Nachmittag eingetroffen, ihn heute ausgehändigt worden und er würde es morgen losschicken. Na, wunderbar. Noch war es zwar nicht unterwegs, aber da es sich nicht um einen Beamten handelte, war ich geneigt, ihm zu glauben, daß das Paket morgen hinausgeht, also vermutlich spätestens am Sonntag in Teheran wäre. Von meinem iranischen Handy rief ich dann in Teheran an. "He, da kommt am Samstag oder Sonntag ein DHL-Paket an für mich, also nicht wegwerfen!", sagte ich zu Sayediya. "How is Arnold?" "Hast Du gehört, was ich über das Paket gesagt habe?" "Jaja. Gefällt es ihm im Iran? Gib ihm einen Kuß von mir." - Weiber. Früher hab immer ich die Küsse gekriegt, jetzt immer nur dieses doofe Kind. So. "Jetzt haben wir schon fast alles hingekriegt. Muß nur noch das Carnet losfliegen und dann muß ich nach Teheran. Das können wir ja beim Abendessen besprechen. Und bei der Gelegenheit können wir auch gleich das mit Afghanistan besprechen. Wie..." "Das haben wir zu Ende besprochen", stellte Heike fest. "Ach so. Naja, hab ich nicht mitgekriegt. Ich dachte nur, weil..." "Wir fahren nicht nach Afghanistan", sagte sie kler und deutlich. "Mann! Nie darf ich ausreden!" Die anderen schnippelten Tomaten, Zwiebeln, die Hartwurst mußte auch weg und mir fiel die Aufgabe zu, diese zerkleinern - ohne Holzsäge. Jetzt weiß ich, warum meine Oma "Hartwurst" sagt, statt "Salami", ja so ein Dreck! Viel blieb nicht übrig und der kleine Rest flog in den Kofferraum des Blauen - für "harte" Zeiten. Alles andere wurde für das Abendessen verwendet. Auf dem Speiseplan stand heute Bratkartoffeln mit Ei und Salami.
Der Plan sah nun folgendermaßen aus: Wir würden morgen nach Shiraz hineinfahren, beim ADAC anrufen, um zu bestätigen, daß das Carnet auch unterwegs ist, uns das Grab vom Hafez anschauen und dann weiterfahren in Richtung Kerman. Was noch auszudiskutieren war, was für eine Art Flug wir nehmen sollten: Von Kerman und dorthin zurück, von Zahedan und dorthin zurück, oder einen Gabelflug von Kerman nach Teheran und dann von dort nach Zahedan. Heike meinte, sie könnte das Auto ja von Kerman nach Zahedan fahren. "Nein, das geht nicht, das muß ich fahren", protestierte ich, "ich bin bisher jeden Meter noch selber gefahren. Sonst fehlt mir ja dieses eine Stück." Didi machte mich darauf aufmerksam, daß ich dieses Stück schon 2006 gefahren sei. Was muß der sich auch immer alles merken? Ich war für die Variante Kerman - Teheran - Kerman. Und dann weiter nach Zahedan. Allerdings wurde langsam doch die Zeit knapp. Unser Visum verfällt am 8. Oktober und wenn wir nicht sowieso schon Ärger bekommen, weil das Auto jetzt schon länger im Lande ist als erlaubt, dann würde es spätestens dann Ärger geben, wenn wir zu spät ausreisen. Das heißt im Zweifel wieder zurück nach Teheran, dort Visum verlängern - so nennt man in dem Fall den Vorgang des Strafezahlens - und wieder nach Zahedan. Und Montag war schon recht knapp. Einen Tag Sicherheit würde man brauchen - das ist immer das Ärgerliche, wenn man fliegt. Man muß planen. Mit dem Auto fährt man hin und es dauert halt so lange wie es eben dauert, aber mit dem Flugzeug ist man an Zeitpläne gebunden. Wer weiß wie lange das dauert in Teheran. Lieber noch einen Tag Polster, aber wenn ich zurückbin, bis wir loskommen in Kerman ist es der 6. Oktober, dann darf nichts mehr schiefgehen bis zur Grenze - und von Kerman dort hin sind es immerhin 600 km. Durch das langsame Reise hat sich vermutlich mein Blick etwas verschoben. 600 km, das fährt man im Normalfall auf einer Arschbacke, unausgeschlafen an einem Nachmittag. Aber mittlerweile hörte sich das auch für mich nach einem Haufen Kilometern an.