< September 2010 > | ||||||
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | ||
6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 |
13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 |
20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 |
27 | 28 | 29 | 30 |
"Scheiß Drecksmücken, ich mach sie alle tot!", lautete mein Morgengruß. "Für sowas ist ein Zelt gut", kam der Kommentar zurück. "Ich weiß deswegen hab ich ja auch eins. Zwei eigentlich, aber..." "...das liegt in der Garage, ich weiß", machte Heike meinen Satz weiter, "Die Garage muß ja riesig sein, so eine will der Didi auch." Wir frühstückten und fuhren dann weiter in Richtung Shiraz. Die Karre sprang beschissen an. Didi meinte, es seien die Glühkerzen, für mich lag es aber daran, daß es nicht der Braune war. Erste Anlaufsstelle in Shiraz: Reisebüro. Gut. Wir mußten uns trotz GPS ein wenig durchfragen, denn wir hatten nur die Straße und die Hausnummer, aber das scheint bei unserem Kartenmaterial nicht auszureichen. Am besten man hat die geographische Position, aber die hatten wir nicht. Nur ein vage angedeutetes und mit einer Zahl versehenes Kästchen an einem schemenhaften Stadtplan im Lonely Planet. Aber wir fanden es. Ich ging hinein, erkundigte mich nach Flügen - hier konnten sie Englisch - und dann ging ich wieder hinaus, um mich rückzuversichern. "Sag mal, was muß man eigentlich noch tun, daß man Deine Aufmerksamkeit kriegt? Ich hup und lichthup, aber nichts. Da! Ruf beim ADAC an und frag nach dem Carnet", sagte Didi und reichte mir sein Handy. Ich rief an. Das Carnet ist fertig und geht heute hinaus, ob er noch ein c/o draufschreiben lassen soll. "Ja", sagte ich, "Markus Besold c/o Hotel Khayyam". Gut, daß er nch daran gedacht hat. Ich hätte es natürlich vergessen. Na, also, klappt doch - zumindest solange keine Beamte im Spiel sind. Didi rief währenddessen bei der indischen Botschaft an, um nach dem Stand ihrer Visa zu fragen. Als alles klar war, buchte ich den Flug: Abflug am Sonntag um 15:40 Uhr von Kerman, Rückflug am Dienstag um 18:45 Uhr von Teheran nach Kerman. Nun war es fest. Das Flugticket hatte umgerechnet etwa 70€ gekostet, das war schon in Ordnung. Die Gabelflugidee war mir ohnehin nicht geheuer. Dann fehlt ein Teil der Strecke und das bringt Unglück, behaupte ich. Danach wechselten wir noch Geld in der Wechselstube nebenan. Die vielen Geldwechsler vor der Wechselstube boten einen schlechteren Kurs als den offiziellen, der heute bei 14750 Rial pro Euro lag. Wie die wohl ihr Geld verdienen? Das ist ungefähr so, wie wenn man neben der Tankstelle sitzt und Kraftstoff aus Kanistern anbietet. Ich holte noch ein paar Guthäben für die Mobiltelephone, denn die hatten wir nnun beide plattgemacht.
Dann gingen wir über zum touristischen Teil über: Hier in Shiraz liegt Hafez begraben. Ein sehr weltberühmter persischer Dichter und Philosoph, von dem ich 2006 zum ersten Mal gehört hatte. Damals sind wir allerdings nicht hineingegangen, oder zumindest ich nicht. Ich habe mich damals nämlich mit der Vorglühanlage herumgeärgert, weil die Karre so beschissen ansprang. Langsam dämmerte mir etwas: Die Glühkerzen waren seitdem nicht ausgewechselt worden. Ich hatte das zwar vorgehabt, habe das auch zur Sprache gebracht, aber wie die Dinge halt so laufen: Ich bekam die Glühkerzen, mußte aber feststellen, daß es nicht die Glühkerzen für diesen Motor waren, sondern die für das ältere Modell, für die 55-PS-Variante, jedenfalls noch die mit dem Draht. Mit denen konnte ich natürlich nichts anfangen, und da ich zu den Glühkerzen noch den fachfrauischen Tipp bekam, sie auf keinen Fall mit der Post zu verschicken, da diese sehr empfindlich seien - Glühkerzen, die an einem ständig vibrierenden Diesel fest verschraubt werden, wohlgemerkt - liegen die heute noch irgendwo im Keller oder wer weiß, vielleicht in der Garage. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, daß diese seitdem jemals ausgewechselt worden wären. Danach handelte es sich also hier um exakt die Glühkerzen, die damals schon verbaut waren, und vielleicht hatte Didi ja doch recht, wenn er sagte, die Kerzen seien der Grund dafür, daß die Karre nicht anspringt. Mal ganz abgesehen davon, daß das Wort eines Mechanical Engineers gegen das eines drittklassigen Schreinergesellen im Raum stand...
Diesmal gingen wir allerdings hinein, und der Eintritt war wie erwartet sehr billig. Wir haben sas übliche Touristenprogramm absolviert und uns dann, wie es sich gehört, in das Café gesetzt. Ich fragte, wer was will und ging zum Tresen, die Bestellung aufgeben. "Rate mal, wer hier ist", hörte ich Heike sagen. Keine Ahnung. Der Papst? Es war Tom, der Holländer, intern auch "Der Fliegende Holländer" genannt, weil er ohne Auto unterwegs war. Er saß über seinen Mauskripten. Wir setzten uns dazu und erfuhren, wie es ihm so ergangen war in den letzten Wochen. So ein Riesenland kommt einem manchmal doch sehr klein vor. Tom schreibt übe seine Reiseerlebnisse unter dem Künstlernamen "Nobody", gelegentlich fährt er auch Taxi in seiner niederländischen Heimat. Für ihn war die letzte Woche bereits angebrochen und er mußte zurück an die Nordsee. Neid bekam er dafür von uns nicht. Und bei uns sah es auch nicht viel besser aus. Noch neun Tage, dann müssen wir auch aus dem Land sein. Nach etwa einer Stunde waren wir dann bereit zur Weiterfahrt. Wir mußten noch zum Saadi-Grab, ein paar Sachen für das Abendessen und Wegproviant besorgen und dann konnte es weiter nach Kerman gehen. Da Tom ohnehin zum Postamt mußte, um einen Brief an Obama zu schicken, gaben wir ihm unsere Postkarten mit, damit er sie gleich miteinwirft.
Nächster Punkt: Saadi-Grab. Ich ging mit den anderen mit. Es wurden Bilder gemacht, wie man es von japanischen Touristenbussen kennt: Raus, Klicklicklick, rein, weiter. Nicht ganz so professionell, aber doch darum bemüht. Lag aber auch daran, daß wir hofften, noch einen offenen zu finden, bevor die Perser ihre Siesta halten. Irgendwer hatte beschlossen, daß es heute Pfannkuchen zum Abendessen geben sollte, was automatisch bedeutete, daß ich mit Kochen dranwar. Pfannkuchen, Pizza, damit sind meine Kochkünste auch schon erschöpft. Und schon bei der Pizza beschränken sie sich auf Gefrierpizza. Die gibt es unterwegs magels Ofen nicht. Außerdem fährt es sich um diese Zeit sehr angenehm, denn wenn sie schlafen, sind sie selten im Auto unterwegs, auch wenn man oft meint, sie täten gerne beides. Ich folgte den Anweisungen des GPS, ignorierte das eine oder andere Mal einen offensichtlichen Kartenfehler und fuhr herauf, herum, viermal im Kreis herum. Aber zufällig kamen wir dadurch an einem offenen Gemüseladen vorbei. "Genau hier wollte ich hin, deswegen bin ich vorhin nicht abgebogen", erklärte ich. Nicht weit davon war auch noch ein offener Lebensmittelladen, und wir erledigten auch den Rest der Einkäufe. "Wieviele Eier brauchst Du für die Pfannkuchen?", fragte Heike mich. "Vier", sagte ich, ohne allerdings wirklich eine Ahnung zu haben. Wieder auf der Straße, verfuhr ich mich noch ein letztes Mal. SMS an Didi mit dem Inhalt ":)", und weiter. Es gelang uns doch endlich irgendwann, der Stadt Shiraz zu entkommen und wir befanden uns auf dem Weg nach Kerman. Natürlich würden wir Kerman heute nicht mehr erreichen - zumindest nicht unter der Bedingung, nur bei Tageslicht zu fahren. Und Heike würde schon dafür sorgen, daß die Bedingung gegeben war, da brauchte ich mir keine Sorgen zu machen.
Wir hielten einmal, um zu tanken, aber ansonsten versuchten wir Kilometer zu machen. Normalerweise geht das so: Man fährt von früh bis spät, nur mit Tankpause, dann schafft man bei gemütlicher Fahrt und einer Marschgeschwindigkeit zwischen 80 und 100 und iranischer Infrastruktur knappe tausend am Tag. So schafft man etwa zwischen drei- und fünfhundert - und wenn ich mich besonders blöd anstellte, schafften wir es auch noch um die hundert davon in der Dunkelheit zurückzulegen. Aber heute stellte ich mich gar nicht so blöd an. Oder vielleicht doch? Die Gegend war für Nachtplätze zu dicht bewachsen. Der Iran besteht gefühlt zu 90 % aus Wüste, die Gegend hier im Süden, also weit weg vom kaspischen Meer und auch noch weit weg vom Persischen Golf besteht zu 100 % aus Wüste, aber irgendwie habe ich es hinbekommen, daß wir seit Stunden durch eine riesige Bewuchszone fuhren. Natürlich war das GPS schuld, was steht da auch so ein Schwachsinn drin? Das Telephon klingelte, auf dem Display stand zwar Didi, doch ich war mir sicher, daß Heike dranwar, das verriet nämlich der Sonnenstand. Noch eine Stunde Tageslicht - höchstens. Das ist die Zeit, in der ich langsam munter werde, selbst nach einer durchfahrenen Nacht. "Was machen wir?", fragte sie. "Die Gegend scheiße finden. Also ich, was Du machst, weiß ich nicht." Sie stimmte mir zu, daß die Gegend alles andere als gut sei und sie fragte, ob wir weiterfahren sollen. "Frag halt den Papst ob er katholisch ist." "Ich hör Dich ganz schlecht." "Ja, weiterfahren!" "Ok! fahren wir noch eine halbe Stunde weiter."
Ich meldete den offiziellen Sonnenuntergang an die Besatzung, als das GPS wieder auf Nachtmodus umstellte. Die Vegetation hatte eher zugenommen und die Gelegenheiten die Straße zu verlassen waren auch weniger geworden. Das ist natürlich für die Besatzung des G kein Kriterium, denn der kann überall von der Straße ab - im Gegensatz zum 200D auch ohne Schaden zu nehmen. Heike rief wieder an. "Da in diesem Estahban soll es einen Wasserfall geben. Vielleicht kann man da mit dem Auto ranfahren, dann schlafen wir halt da." "Gute Idee", sagte ich, "genau das wollte ich sowieso vorschlagen." "Ja, selbstverständlich", hieß es, und da ich ja vorausfuhr, fuhren wir alle genau auf die Umgehungsstraße um das Dorf herum. Netter Spaß, aber als wir dann von Osten her in das Dorf fuhren, statt wie eigentlich gedacht von Westen, war es schon Nacht. Wir fuhren und fragten nach dem Wasserfall, den wir auch relativ rasch fanden. Was es dort nicht gab war ein Parkplatz, also schied das mit der Übernachtung am Wasserfall aus. Wir hielten an vor einigen Geschäften und ich ging zum G, um Didi dazu zu animieren, sich etwas zu überlegen. Es hatte für mich keinen Sinn, selbst zu überlegen, und ich war mir auch sicher, daß das keiner der anderen wollte. Ich konnte mir die Szene bildlich vorstellen: "Also, ich habe mir gedacht, wir könnten doch..." "Nein, wir fahren nicht bis Kerman weiter." Also unterließ ich gleich jeden Versuch. Allerdings war, wie so oft, General Zufall auf der Durchreise und hielt bei uns. Heute hatte er die Gestalt eines Lehrers angenommen, der gut Englisch konnte, und der fragte, ob er uns etwas helfen könne. "Ja, Sir, wir suchen einen Platz zum übernachten." Er bestätigte, daß wir am Wasserfall kampieren konnten, aber auch, daß man mit den Fahrzeugen nicht hinkommt. Das scheidet also aus. Er sagte, er könne uns zeigen, wo man sonst noch so im Freien übernachten kann. Ich ließ ihn einsteigen. Gleich da, wo wir standen, schickte er uns nach rechts, den Hang hinauf. "Hier ist ein offizieller Camping mit Hotel", sagte er, zeigte nach rechts, und ich erkannte auch schon das typische Zeichen des ITTIC. Ich hielt kurz, sagte zu Didi, sie sollen mal eine Preisanfrage machen, während ich mit dem Lehrer noch weiterfahre, damit er mir die anderen Plätze zeigt. Sie fuhren auf den Hof. Als nächstes kamen wir an einer Sackgasse vorbei, die nicht lang war, aber in der man auch übernachten konnte. Noch ein Stück weiter war wieder so etwas ähnliches, nur, daß es keine Straße, sondern eine Art Park war. Nun fuhren wir den Lehrer wieder hinunter zur Hauptstraße. Die Läden wären hier noch eine Weile offen, falls wir etwas brauchen. Dann bedankte er sich bei uns - was für ein Unsinn - stieg aus und zog seiner Wege. Ein typischer Perser: Eine Seele von Mensch, aber wehe man trifft ihn im Auto an. Wir fuhren zurück zum ITTIC.
Didi und Heike waren da, auch ein paar Einheimische, und wir fragten nach, wieviel es kostet, wenn man auf dem Hof parkt. Das funktionierte nicht. Also, wie es denn sei, wenn wir ein Zimmer nehmen, aber zwei Parkplätze belegten. Das war nun unwesentlich billiger als zwei Zimmer. Auch mit Hilfe einheimischer Übersetzerinnen wurde das nichts. Ich glaube, das Hauptproblem lag daran, daß der Typ hinter dem Tresen einfach überfordert war mit sovielen Frauen auf einmal, die in drei verschiedenen Sprachen mit ihm und miteinander redeten. Dann fahren wir eben rauf in diesen Park, beschlossen wir. Eine Minute später waren wir da. "Was haltet Ihr davon?", fragte ich. "Uns ist es egal, Ihr müßt schauen, ob es für Euch ok ist." Ich vergaß immer, daß die ja bloß den Motor ab- und das Dach aufstellen müssen. Ich machte Ortsbegehung. Da war eine Art Riesenwanne aus Beton, dahinter war ein künstlicher Flußlauf und auf dem Gelände waren einige Bäume. Sogar einen Laden gab es da. "Wir können doch da unten in der Betonwanne schlafen", sagte ich zu Almut, "oder?" Sie stimmte zu. "Dann bleiben wir hier", sagte ich. Die Parkordnung wurde festgelegt, dann rangierten wir rückwärts hinein. Almut identifizierte meine "Betonbadewanne" als Gebetsplatz, ich tat so, als hätte ich das nicht mmitbekommen und baute munter unser Nachtlager auf, nachdem ich den Platz etwas vom Laub befreit hatte. Der Pulk Iranerinnen vom ITTIC war mittlerweile hier aufgeschlagen und es sah so aus, als wären wir hier die Einheimischen-Attraktion. Allerdings nicht so, wie man es aus arabischen Ländern kennt. Hier fragten sie mehrmals, ob sie uns stören, ob wir lieber allein sein wollen. Ich bezweifle, daß es dafür im Arabischen eine Übersetzung gibt.
Bevor wir nun zum eigentlichen Abendessen kamen, aßen die anderen vorsorglich noch die Nudeln von gestern auf, für den Fall, daß einer das Pfannkuchen-Experiment gegen die Wand fährt. Währenddessen unterhielt ich mich mit einer Iranerim mit unaussprechlichem Namen. Einige unter ihnen, wenn nicht alle, waren aus Teheran, und keine nahm die Kopftuchtragepflicht besonders ernst. Dabei achteten sie hier etwas mehr drauf, da es sich um ein kleines Dorf handelte, wo jeder jeden kennt, und weil sie hier Verwandtschaft hatten. Ständig entschuldigte sich irgendeine für die iranische Regierung und sie waren sehr daran interessiert, zu wissen, was wir vom Iran hielten. Es ist angenehm, wenn man bei solchen Fragen nicht lügen muß, wie es in so vielen anderen Ländern tut, um den Leuten nicht vor den Kopf zu stoßen. Was auch auffällig war, war, daß das hier alles Frauen waren. Normalerweise sind die in islamischen Ländern eher zurückhaltend - insbesondere Männern gegenüber. Da sind es meist die Männer, die auf einen zugehen, aber eigentlich nie die Frauen. Nicht so im Iran. Und ein Selbstbewußtseinsproblem schien hier auch keine zu haben. Und sie hatten alle studiert, die eine arbeitete sogar an der Uni - nicht als Putzkraft, sondern als Dozentin. Natürlich kam das Thema auch auf Religion zu sprechen. Was ich denn für eine Religion hätte. "Eigentlich bin ich katholisch", sagte ich, "aber halt eben auf dem Papier. In Wirklichkeit kann ich aber mit Religion nichts anfangen." Das konnte sie nun gar nicht verstehen. "Muß ich denn alles erklären? Solange es genug Dusselige gibt, die an so einen Unsinn glauben, wird es auch immer Leute geben, die daraus ihre Macht schöpfen, weil sie behaupten, sie hätten einen besonders guten Draht zu Gott. Die Mullahs, die hier rumlaufen, zum Beispiel, die wären nur Faschingsfiguren, wenn die einfachen Leute diesen Unsinn nur erkennen würden, den die Religion darstellt." "Ja", sagte sie, "die Mullahs, die braucht keiner, aber die haben ja mit Gott nichts zu tun. Also, ich glaube schon an Gott, Du nicht?" "Doch", sagte ich, und holte wieder meinen Dollarschein hervor, "in him I trust!" "Und was machst Du, wenn Du ein Problem hast?", fragte sie daraufhin. "Dann suche ich nach einer Lösung - mein Gott liefert garantiert eher eine." "Und was machst Du, wenn es keine Lösung gibt? Keine käufliche Lösung?" "Dann hab ich ein Problem", mußte ich zugeben. "Siehste?", sagte sie, und lachte. "Was sehe ich? Daß es Probleme gibt, für die es keine Lösung gibt? Das bestreite ich nicht. Aber ich glaube auch nicht, daß ein Gott daherkommt und mir die Lösung frei Haus liefert." Darauf wußte sie auch keine richtige Antwort, aber es war der Beweis für sie, daß es doch gut sei, an etwas zu glauben. "Das tue ich, wie bereits geschildert", sagte ich, grinste und entschuldigte mich, denn die Pflicht rief, ich mußte nun die anderen bekochen. Es war schon alles vorbereitet: Schüssel, Schneebesen, Eier, Mehl, Milch. "Wo ist das Salz?", fragte ich in die Runde. "Steht auf dem Tisch", kam die Antwort. "Oh, hab ich nicht gesehen." "Ach, wirklich?" Ich schlug alle Eier in die Schüssel, gab mehl dazu und fing an, mit dem Handschneebesen den Teig zu bereiten. Immer langsam Milch dazugeben, damit sich keine Mehlklumpen bilden. "Ist der Schneebesen 'Made in China'?", fragte ich. "Wieso?", fragte Heike und kam auch schon heran und, als hätte sie es geahnt, saß ich da mit dem nun aus zwei Teilen bestehenden Schneebesen. "Oder eher Marke 'Manhattan'? Man hätt' 'n besser nicht gekauft..." Weitere Kommentare kamen auch nicht. Die Pfannkuchen gelangen auch, auch wenn sie etwas sehr eiig ausfielen. "Wo sind eigentlich die restlichen Eier?", fragte Heike nach dem Abendessen. "Welche 'restlichen Eier'?", fragte ich gegen. "Ich hab Dir doch acht Eier hier hingelegt", sagte sie und sah sich nach den restlichen Eiern um, von denen natürlich nur noch die Schalen übrig waren, und die waren in der Mülltüte. "Du hast acht Eier in die Pfannkuchen?", fragte sie entsetzt. "Weiß nicht, wieviele das waren, ich hab halt alle genommen, die da lagen", sagte ich. "Acht Eier? Ich hab Dich doch gefragt, wieviele Du brauchst und Du hast gesagt 'vier'", versuchte sie, diese nächste Deppenaktion irgendwie zu verstehen. "Stimmt ja auch", verteidigte ich mich, "Ein Ei pro Mann. Macht vier." "Und warum nimmst Du dann acht?" "Hab ich nicht absichtlich gemacht. Ich dachte, Du hast mir halt die Eier für die Pfannkuchen da hingelegt, also hab ich sie dafür verwendet. Hätte ich sie nachzählen sollen? So ein Blödsinn. Wenn ich vier sage, dann meine ich nicht acht, und wenn Du acht da hinlegst, und ich denke, daß es nur vier sind, dann kann ich auch nichts dafür", rechtfertigte ich mich. "Und wovon sollen wir morgen die Spätzle machen?" Da, wiederum, war ich zuversichtlich, daß wir eine Lösung finden würden. Entweder zu Allah beten, daß er uns genau vier Eier vorbeibringt, oder einfach im Laden welche kaufen, je nachdem, was einfacher ist.
Die Iranerinnen gingen langsam, dafür kamen neue Einheimische. Aus einer Ecke im Park schrie einer "Entschuldigt uns für unsere Regierung!" So offen und lautstark hat es bisher noch keiner formuliert. Der Inhaber der Stimme lud uns ein, mit ihm Mais zu essen, aber da wir alle zu platzen drohten, lehnten wir ab. Nichtsdestotrotz gesellte sich Didi zu ihnen, und wurde dann von mir abgelöst, als er ins Bett ging. Wir unterhielten uns noch eine gute Stunde, über alles mögliche, buchstäblich sogar über Gott und die Welt. "Wie findest Du das mit der Kopftuchtragepflicht?", wollte er von mir wissen. "Da sie mich nicht betrifft, ist sie mir ziemlich egal." Ihm nicht. Er mag hübsche Frauen anschauen, die häßlichen könnten sich ja seinethalben verschleiern. "Was aber witzig ist, ist, daß sich islamische Frauen oft auch in Europa verschleiern, obwohl sie es gar nicht müssen", sagte ich. "Daran sieht man, daß Moslems geistig zurückgeblieben sind. Wer außer ihnen macht den so nen Scheiß freiwillig?", das waren ja harte Worte. "Bist Du denn kein Moslem nicht?", fragte ich. "Doch schon, aber keiner von denen, die die Religion über den gesunden Menschenverstand setzt. Soll doch jeder glauben, was er will und den rest der Welt damit in Ruhe lassen." Dem konnte ich nur beipflichten, aber ich stellte fest, daß es wohl noch eine Weile dauern würde, bis der Rest der Welt das auch so sieht wie wir. Er erzählte auch von einem Kanadier, der vor fünf Jahren hier im Dorf aufschlug, weil sein Auto den Geist aufgegeben hatte. Er hätte ihm geholfen, es zu richten und sei seitdem mit ihm in Kontakt. Der Kanadier sei von Australien nach Asien gefahren, und wollte über Europa zurück nach Kanada. Daraus wurde dann allerdings nichts. Er hatte ja schon mal erkannt, daß sich amerikanische Autos für solche Touren nicht eignen, aber er hätte gleich einen Toyota nehmen sollen, statt auf Rover zurückzugreifen. Britische Autos sind ja fast noch schlechter als amerikanische. Immerhin bauen die Amis im Gegensatz zu den Briten ihr Zeug noch selber und halten sie auch zumindest in ihrem Verwaltungsgebiet am Laufen. Als die beiden fuhren, ging auch ich zu Bette unter den rauschenden Bäumen. Mücken stellte ich keine fest.