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Pakistan 2010
Dienstag, der 7. September

Erst sind wir noch ewig im Hotel gesessen. Die Sonne schien, aber es war überraschend kühl und ich freute mich auf ein gemütliches Frühstück auf der Terrasse. Ich nutzte die Gelegenheit, um den Spirituose verschwinden zu lassen. Als ich gerade dabeiwar, kam dann von oben eine Stimme: "Aus welsche Land kome Sie?" Mann! Wir sind doch inkognito unterwegs! Ich drehte mich um und sagte "Wieso spichst Du mich auf Deutsch an? Siehst Du denn nicht, daß ich Engländer bin?" Er war Iraner, wohnte aber in Armenien und hatte hier "eine Touristik Büro".

Ich füllte ein wenig Öl nach, füllte die Wisch-Wasch-Anlage mit Wasser und Spüli auf, ließ das restliche Diesel-Plörre-Gemisch in den Tank, dann schnappte ich mir die Fliegenpatsche und begab mich auf die Terrasse. Von wegen gemütlich Frühstücken. Alles voller Touristen. Der einzige freie Platz war drinnen. "Fuck!" Unten auf dem Parkplatz standen fünf oder sechs Busse. "Die sollen alle abhauen, ich war zuerst hier", sagte ich dem Kellner. Aber er verstand mich nicht - und selbst das hätte nichts geändert. Ich mußte warten, bis ein Platz frei wurde. In der Zwischenzeit arbeitete ich weiter an meiner These, daß nämlich Fliegen doch auszurotten sind - zumindest bis ein Platz frei wurde, danach begnügte ich mich damit, meinen Tisch fliegenfrei zu halten.

Junior ist mir beim Einräumen des Kofferraumes behilflich...

Nächste Schwierigkeit: Essen bestellen. Nicht schon wieder Kabob und der Reis war auch nicht umwerfend - dabei ist der Iran nicht weit, wo es den besten Reis der Welt gibt. Ich bestellte also eine Krabbem indem ich darauf deutete. Man hatte sich zumindest bemüht, die Karte zweisprachig zu halten, also Armenisch und Englisch. Einziges Problem war, daß manche Gerichte einfach wörtlich ins Englische übersetzt wurden, und es einem nichts nützt, wenn man es nun zwar lesen konnte, aber immer noch nicht wußte, worum es sich handelte. Ich bestellte dann mit Hilfe des Reisebüro-Iraners Fish und Chips - hier zum ersten mal mit Gräten. Auch eine ganz neue Erfahrung für mich. Allerdings auch wieder eine dieser Erfahrungen, auf die man getrost verzichten kann, wenn man mich fragt.

Weiter ging es nun am See entlang in Richtung Süden nach Goris. War nicht einfach, diese dumme Straße zu finden. Wur verfuhren uns stundenlang, mußten wieder über Pisten und Drecksstaßen uns vorkämpfen, bis wir schließlich auf einer gutausgebauten Straße in die richtige Richtung fuhren. Dann begann der Karren zu stottern. Das war die Plörre, die gerade fleißig dabeiwar, die Filter zuzumachen. Warum hatte ich das Zeug nicht gefiltert? Weil ich ein Depp bin. Ich dachte zwar noch dran, der Kofferraum war auch schon ausgeräumt und es hätte vielleicht 30 Sekunden gedauert, die Strumpfhose aus dem Ersatzradkasten zu holen. "Ach, was, geht schon", dachte ich, steckte den Schlauch in den Kanister, saugte an und ließ der Sache ihren Lauf. Der Inhalt des Kanisters wanderte in den Tank, der Dreck und die Schlacke, die sich darin befanden auch. Und jetzt hatten wir den Salat. Der Karren kroch mit 20 km/h die Berge hinauf und stotterte dabei noch. Bis es mir zu blöd wurde und ich an einer Tanke hielt. Ich baute den Vorfilter aus, wusch ihn mit Wasser aus und blies ihn dann mit Preßluft sauber. Dann kam er wieder hinein in die Dame. Ich drehte sicherheitshalber eine Runde und stellte fest, daß es besser ging. Wir tankten für 5000 MickyMaus frischen Diesel und fuhren weiter. Etwa 30 km später ging es wieder los - gerade als wir in das ernsthafte Gebirge kamen. Wir schleppten uns bis zu einem Gipfel - so, daß ich im Zweifelsfall das Auto durch anrollenlassen zum Anspringen kriege und ich baute den Hauptfilter aus. Der war sauber zu. Alles was herauskam war eine tiefschwarze Brühe. Ich ließ sie in eine abgeschnittene Fant-Flasche laufen und hielt sie dann gegen die Sonne. So sehr ich es auch versuchte, aber man konnte durch den Flascheninhalt von der Sonne absolut nicht das geringste sehen. Weg damit. Nun zeigte sich auch wieder in aller Deutlichkeit, daß zuviel Faulheit nur zu x-facher Arbeit führt: Am Hotel war der Kofferraum leer, ich hätte nur in die Ersatzradmulde greifen müssen. Das tat ich nicht weil ich zu faul gewesen war, und das rächte sich nun, denn nun mußte ich den gesamten Kofferraum erneut ausräumen, um an die Ersatzradmulde zu kommen - und das auch nur, um hinterher festzustellen, daß wir gar keine Ersatzfilter mitführten. Also, alles wieder einräumen, schimpfen, fluchen und dann versuchen, den vorhandenen Filter irgendwie sauberzumachen. Ich versuchte es mit hineinpusten. Das funktionierte schon mal gar nicht. Auch Klopfen und Schütteln funktionierte nicht. Ich baute ihn wieder ein in der Hoffnung, daß der Aus- und Einbau allein das Problem beheben würden. Es dauerte eine Weile, bis er ansprang, aber ansonsten funktionierte alles bestens. Zumindest stotterte er nicht mehr und ich vermied es, Vollgas zu geben. Sozusagen als Dankeschön.

Ein Tanklastzugfahrer fand es angebracht, neben seinem Laster ein Lagerfeuer zu entfachen.
Das Wetter war warm, er vermutlich Perser.

So tuckerten wir gemütlich durch die Nacht, bis wir in Goris ankamen. Dort wurde uns ein Hotel empfohlen. Mirhav hieß es. Soll das beste Hotel außerhalb Yerevans sein, aber mit 19.000 MM recht preiswert. Gut. Eine halbe Stunde mußten wir uns durchfragen, bis wir endlich die Straße fanden, auf der das Hotel war, und diese Straße fuhren wir dann auch einige Male auf und ab, bis wir das Hotel fanden. Dabei lag es diesmal wirklich nicht daran, daß das Hotel aussieht, wie alle Häuser in der Straße. Es sah aus wie ein Hotel: Einfahrt, Schild, Parkplatz, alles beleuchtet. An der Tür das Schild: "We accept", dann die Zeichen von Visa, Master, AmEx und ArCa (das ist irgendeine armenische EC-Karte, schätzungsweise). Ich ging hinein und fragte nach einem Zimmer. "Für heute?", kam die Frage. Nein, für Ostern in fünf Jahren... "Natürlich für heute." "Wir sind heute aber voll", sagte sie. "Shit! Gibt es hier sonst noch ein Hotel." "Ja", sagt sie. "Cool", sage ich und warte. "Weiß man auch beiläufig schon, wo das ist?" Nun checkte sie es und ging mit mir hinaus. "Die Straße hoch in die Richtung bis zu einer... Benzin..." "Gas Station?" "Ja, gas station. Gas station hier, Hotel hier." Gut. Wir fuhren dort hin. Hotel sahen wir keines, dafür aber den Typen, den wir bereits nach dem Hotel Mirhav gefragt hatten. Der erklärte wieder den Weg zum Mirhav, aber ich konnte ihm irgendwie vermitteln, daß ich ein anderes Hotel meinte. Er zeigte auf das Gebäude nebenan. Sah aus wie ein Rathaus, oder wie ein Ministerium, aber sicher nicht wie ein Hotel. Wir fuhren hin. Ich ging hinein, der Pförtner bat mich gleich an den Tresen. Ich sagte: "Room, two people, Credit Card, Internet..." und er sagte zu allem immer "Ja." "Was? Internet?" "Ja, Internet, keine Problem." Dann erledigten wir die Formalitäten, wobei er nun nicht mehr Deutsch, sondern Französisch sprach. Bei der Zimmerbesichtigung stellte er dann auf Englisch um.

00:05 325.880: Einchecken Hotel Mina in Goris. Er hatte nicht übertrieben. Internet war da, sowohl in kabelloser, als auch in verkabelter Form. Jedes Zimmer hatte einen Schreibtisch und eine Buchse, an der man das LAN-Kabel anschließen konnte. Die gibt es an der Rezeption. Auch sonst war alles sehr sauber und neu, gehobener europäischer Standard. Ich fuhr noch los, holte eine Cola und zwei Bier und ließ mich in der Lobby im ersten Stock nieder.


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© by Markus Besold